Prof. Stefan Töpfl, Geschäftsführer der elea GmbH und Technologieberater am Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) führte die Online-Teilnehmenden in die Technologie-Grundlagen des Pulsed Electric Field (PEF) und deren Einsatzgebiete ein.
Vielfältiges Anwendungspotenzial
Das PEF-Anwendungspotenzial ist gross, über die Lebensmittel-Verarbeitung hinaus auch in der Medizin und Biotechnologie. So erlaubt das Öffnen der Zellen durch Elektroporation, dass die Zellmembranen durchlässiger werden, was genutzt wird, um bestimmte Stoffe leichter aus den Zellen zu extrahieren, beziehungsweise einzubringen. Am Beispiel von Pommes frites zeigte Töpfl auf, dass sich Kartoffeln durch den Einsatz von PEF nicht nur leichter schneiden lassen und weniger Bruch entsteht, sondern auch weniger Öl aufgenommen wird und die Stärkeverluste verringert werden. Etablierte Praxisanwendungen sind für Gemüsechips sowie die Herstellung von Wein, Bier und Olivenöl erprobt. Bei der Gefriertrocknung verschiedener Produkte, etwa Erdbeeren, sorgt PEF für ein verbessertes Ergebnis. Viele weitere Einsatzgebiete der Technologie werden aktuell erforscht. «Die Forschungsarbeiten fokussieren sich auf den Einsatz der Extraktion aus Mikround Makroalgen, die Gewinnung pflanzlicher Öle und Proteine sowie auf die Fermentation», zeigt der Ausblick von Prof. Stefan Töpfl auf die in naher Zukunft absehbaren Praxisanwendungen. «Einsatzgebiete für die Haushaltsküche sind derzeit noch nicht absehbar», ergänzt Stefan Töpfl, wobei solche Anwendungen grundsätzlich durchaus denkbar seien.
Ersatz klassischer Verfahren?
Die Frage liegt nahe: Kann das PEF-Verfahren herkömmliche Erhitzungsverfahren ersetzen? Wie Prof. Stefan Töpfl am TechTalk erläuterte, steht in der Praxis oft eher die gegenseitige Ergänzung von Verfahren im Vordergrund. Dank einer PEF-Vorbehandlung liessen sich bei einigen Anwendungen die Haltbarmachung bei tieferen Erhitzungstemperaturen sicherstellen. PEF stelle zudem nur eine von verschiedenen neueren physikalischen Verfahren, wie etwa die Hochdruckpasteurisation (HPP), dar, je nach Lebensmittel und Zielsetzung der Verarbeitung die Wahl des passenden Verfahrens und allfällige Kombinationen anders ausfallen.
Praxisforschung auch in der Schweiz
An der Schweizer Fachhochschule HESSO Wallis befasst sich Prof. Dr. Michael Beyrer als Leiter der Forschungsgruppe «Food and Natural Products» mit der PEF-Technologie und weiteren innovativen Verfahren. Um die Anwendungsmöglichkeiten aufzuzeigen, erläutert er die technologische Ausgangslage: «Im Gegensatz zur ohmschen Erhitzung wird bei gepulsten Feldern die elektrische Energie auf eine höhere Spannung transformiert. Dies erfolgt nicht als Sinuskurve, sondern in Form quadratischer Einzelpulse, die mit einer bestimmten Wiederholungsrate angewendet werden. Strom wird beim Durchfliessen eines elektrischen Widerstandes, in diesem Fall das Lebensmittel, in Wärme umgewandelt. Zusätzlich führen die Hochspannungspulse zu irreversiblen Defekten an Zellmembranen.»
Das Verständnis dieser Rahmenbedingungen sei wichtig, bei der Suche nach sinnvollen Anwendungen, so die Erfahrung von Prof. Dr. Michael Beyrer: «Sehr verallgemeinert kann man annehmen, dass je grösser die Membranoberfläche, desto einfacher ist die sogenannte Elektroporation auszulösen, also desto geringer muss die Spannung sein, um die Elektroporation zu erreichen.» Im elektrischen Feld seien «grosse» Pflanzenzellen leichter zu perforieren als «kleine» Bakterienzellen. «Trockene» Zellen, also Sporen, reagieren nicht auf das angelegte Potenzial und man müsste via Stromfluss die ohmschen, also thermischen Effekte, zur Inaktivierung nutzen.
Potenzial in der Milchtechnologie
Ein weiterer in kommerzialisierten Verfahren bewusst eingesetzter Effekt von elektrischen Feldern bei auch Normalspannung sei die Elektrolyse von Wasser und Herstellung von Wasserstoff als Energieträger, erläutert Michael Beyrer. Die Elektrodialyse im Gleichspannungsfeld lasse sich zudem für die Trennung von Ionen und neutralen Inhaltsstoffen einsetzen. Eine konkrete darauf basierende Anwendung sei die Aufreinigung von Laktose aus Molke. «Bei der Käseherstellung kann bei Casein-Agglomeration durch eine pH-Wert-Senkung, eine Temperaturerhöhung und enzymatische Reaktion ausgelöst werden.»
Mit Blick auf weiter zu erforschende Praxisanwendungen ergänzt Prof. Dr. Michael Beyrer: «Mit einer entsprechenden Skalierung liesse sich das Wasserbindevermögen von Proteinen verändern, die Viskositätsbildung von Verdickungsmitteln beeinflussen oder die Stabilität der Proteine anpassen. Bei der Suche nach nachhaltig produzierten Proteinen wie aus verschiedenen Pflanzen sind diese Optionen von besonderem Interesse. Derzeit arbeiten wir insbesondere mit gut bekanntem Molkenprotein, um die Verfahrensoptionen zunächst besser zu verstehen.»