Die Entwicklung von pflanzlichen Eiweissquellen hat in den letzten Jahren grosse Fortschritte erzielt. Die Gewinnung aus den Speicherorganen der Pflanzen limitiert jedoch die Hektarerträge an Protein. Ein wesentlich grösserer Proteinertrag aus der begrenzten Landressource wäre möglich, wenn Protein aus den Blättern der Pflanzen gewonnen werden könnte.
Neues Verfahren mit Vorteilen
Die Erfindung der Vitarbo AG setzt hier an, sie betrifft ein Proteinpräparat aus grünem Blattmaterial und ein neues Verfahren, welches für die Gewinnung dieses Materials genutzt wird. Das neu entwickelte Verfahren, das in Zusammenarbeit mit den Forschungsteams «Lebensmittelprozesstechnologie und nachhaltige Innovation» und «Biokonversion und Schutzkulturen» der Berner Fachhochschule (BFH-HAFL) entwickelt wurde, betrifft einen mehrstufigen Prozess zur Gewinnung eines Protein-Faser-Komplexes aus grünem, getrocknetem Blattmaterial, im Speziellen aus Blättern der Pflanzengattung Moringa, in einem industriellen Massstab. Dabei werden rein pflanzliche Produkte aus grünem Blattmaterial gewonnen, die funktionellen Nutzen aufweisen und die in der Lebensmittelindustrie zukünftig eingesetzt werden können.
Ralf Schönung hat vor rund 10 Jahren die Vitarbo AG mitgegründet. Als Projektleiter und Mitglied im Verwaltungsrat konkretisiert er die Vorteile der Neuentwicklung: «Das Moringa-Protein-Produkt zeichnet sich dadurch aus, dass mit über 70 Prozent ein grosser Teil der im grünen Blattmaterial verfügbaren Proteine gewonnen werden und der Proteingehalt gegenüber dem Blattmaterial mehr als verdoppelt wird.»
Das neue Proteinpräparat ist ein weitgehend entfärbter, geruchs- und geschmacksneutraler, proteinund faserhaltiger Stoff. Durch die mit dem Verfahren erzielte Partikelgrösse ist das Produkt suspendiert in Wasser dispersionsstabil. Unerwünschte Stoffe, insbesondere Chlorophylle und Carotinoide, und sensorisch störende Stoffe wie Glucosinolate und weitere Volatile werden in mehrstufigen Extraktionen abgetrennt und als weitere Wertstofffraktion verwertet. Ralf Schönung zeigt weitere technologische und ernährungsphysiologische Vorteile auf: «Neben der optischen und sensorischen Verbesserung des Produktes gegenüber dem Ausgangsmaterial weist es mit mindestens 55 Prozent Proteingehalt zudem einen deutlich höheren Proteingehalt im Vergleich zum Ausgangsmaterial auf. Alle essenziellen Aminosäuren und zusätzlich 25 Prozent wertvolle Nahrungsfasern sind im Produkt enthalten.»
Das Produkt wird durch das angewendete Homogenisierungsverfahren in einer wässrigen Suspension sensorisch als nicht körnig, mit einer glatten Struktur wahrgenommen. Die hellbraune Farbe des Produkts unterscheidet sich deutlich von dem stark grünen Ausgangsmaterial, sodass sich das Produkt sehr gut in verschiedenste Lebensmittel einarbeiten lässt.
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten
Die neue, rein pflanzliche Protein-Fraktion kann als dispergierte oder sprühgetrocknete Zutat zur Steigerung des Protein- und/oder Fasergehalts eingesetzt werden.
Anwendungsbeispiele sind beispielsweise
❱ Stabilisierung von Smoothies, Dressings und Saucen
❱ Zutat in Eiscreme oder Joghurt als Stabilisator (ohne E-Nummer)
❱ Zutat in Fleischersatzprodukten
❱ Zutat in Riegeln, Aufbau- und Diätnahrung
❱ Zutat in Teigwaren oder Gebäcken und Brot
Die Zugabe im Brotteig kann beispielsweise zu einer Erhöhung des Backvolumens oder zur Steigerung der Wasseraufnahmefähigkeit führen, und die Erhöhung des Fasergehalts kann dazu genutzt werden, dass das Produkt als «ballaststoffreich» ausgelobt werden kann, ohne dass das Produkt sensorisch negativ beeinflusst wird.