Noch nie war das mittel- bis längerfristige Zukunftsgeschehen so wenig absehbar wie heute. Die Globalisierung der Märkte, die Digitalisierung der Produktionsprozesse und der Vertriebssysteme sowie die Unberechenbarkeit der wirtschaftlichen Entwicklung schaffen für Unternehmen der industriellen Produktion komplexe Voraussetzungen für die strategische Planung. Zudem können nicht vorhersehbare Ereignisse wie die Corona-Pandemie die Verhältnisse schlagartig verändern und völlig neue Ausgangssituationen schaffen.
Die Lebensmittelindustrie sieht sich mit weiteren Einflussfaktoren konfrontiert, die zur Unberechenbarkeit der Entwicklung in den Märkten beitragen. Zu diesen zählen insbesondere die Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten in Richtung Gesundheit und Fitness, die zunehmende Sensibilität der Konsumentinnen und Konsumenten für die Nachhaltigkeit von Nahrungsmitteln und der hohe Stellenwert von Convenience. Zudem fördert die Mobilität der modernen Menschen den Out-of-Home-Konsum, was unter anderem einen wachsenden Bedarf für praktikable Verpackungslösungen auslöst.
Flexibilität als Antwort auf den Wandel in den Märkten
Unter diesen Rahmenbedingungen wird die Flexibilität der Produktion und Logistikkette zum entscheidenden Wettbewerbs- und Erfolgsfaktor. Die Zeiten, in denen Fabriken für die Ewigkeit gebaut wurden, sind definitiv vorbei und werden nicht wiederkommen. Die Frage, mit der sich die zeitgemässe Fabrikplanung auseinandersetzen muss, ist nicht in erster Linie architektonischer Natur. Vielmehr lautet sie: Wie schaffen wir eine Infrastruktur, die es uns ermöglicht, auf die Bewegungen in den Märkten zeitnah zu reagieren? Damit rückt das Modell der Idealfabrik ins Zentrum der planerischen Überlegungen, bei dem die Variabilität und Wandelbarkeit der Infrastruktur oberste planerische Priorität geniessen. Um sich diesem Ideal anzunähern, ist ein Masterplan unabdingbar. Der Masterplan ist die planerische Antithese zum unkontrollierten Wachstum, das mit der Zeit fast zwangsläufig zu einem unstrukturierten Sammelsurium von Produktionshallen, Montage- und Verpackungsbereichen, Lagerräumen und haustechnischen Anlagen führt. Irgendwann wird der Punkt erreicht, an dem eine Erweiterung im historisch gewachsenen Bestand nicht mehr möglich ist. Als Auswege bieten sich tiefgreifende und kostspielige Umbauten der Gebäudestruktur oder die Flucht auf die grüne Wiese an. Ein Masterplan ist das geeignete Instrument, um solche Szenarien weit vorher vorauszusehen.
Der Masterplan: eine Roadmap für kontrolliertes Wachstum
Der Masterplan ist ein übergeordnetes Planungsinstrument für Arealentwicklung, Betriebs- und Logistikplanung über einen Zeitraum von fünf, zehn oder mehr Jahren. Er basiert auf der langfristigen strategischen Ausrichtung des Unternehmens und sieht verschiedene Entwicklungsszenarien vor. Der Masterplan zielt darauf ab, das Potenzial des Areals auszuschöpfen und zeigt auf, wie sich die Versorgungs-, Produktions- und Entsorgungsprozesse sowie die haustechnischen Anlagen flexibel organisieren lassen. Seine wesentlichen Vorteile liegen darin, dass jeder Ausbauschritt im Rahmen der übergeordneten Langfristplanung erfolgt und Optionen für zukünftige Erweiterungsprojekte offenlässt. Der Masterplan oder Standortstrukturplan gibt eine langfristige Investitionssicherheit.
IE Food ist auf die Entwicklung von Masterplänen für Unternehmen der Lebensmittelindustrie spezialisiert und unterstützt sie auch bei der Umsetzung von Bau-, Umbau- und Erweiterungsprojekten. Die Qualifikation der IE-Planer beruht auf spezifischem Branchen- und Prozess-Kow-how, Logistik-Kompetenz und umfassenden Kenntnisse der regulatorischen Hygienevorgaben für die Lebensmitteproduktion. Grundsätzlich verfolgt IE den bewährten Planungsansatz von innen nach aussen, der stets von der Funktion ausgeht und auf ein Höchstmass an betrieblicher Effizienz abzielt. Das bei IE Food vorhandene Gesamtwissen in den Schlüsseldisziplinen Lebensmitteltechnologie, Logistik und Architektur in Verbindung mit der IE-typischen Planungsphilosophie gab auch für den Nahrungsmittelproduzenten Pacovis den Ausschlag, sich auf dem Weg in die Zukunft von IE Food begleiten zu lassen.
Pacovis – eine Erfolgsgeschichte seit rund 85 Jahren
Das Schweizer Traditionsunternehmen Pacovis wurde 1935 in Zürich gegründet und verlegte das Firmendomizil im Jahr 1983 nach Stetten im Kanton Aargau, wo Pacovis Schweiz bis heute produziert. Der Betrieb – in der Gründerzeit auf Patisserie- und Konditoreibedarfsartikel spezialisiert – hat die Produktpalette im Laufe der Jahrzehnte ständig erweitert und ist kontinuierlich gewachsen. Mittlerweile verfügt Pacovis auch über Produktionsstandorte in Deutschland und Österreich. In Stetten produziert die Pacovis AG qualitativ hochwertige Fleisch-, Feinkost- und Convenience-Produkte sowie Verpackungslösungen und Bedarfsartikel für den Lebensmittelbereich her. Im Food-Bereich gliedert sich das Angebot in Trocken- und Nassprodukte, die mit modernsten Technologien unter strengen hygienischen Bedingungen hergestellt werden. Zu den wichtigsten Abnehmergruppen zählen die Gastronomie, der Lebensmittelhandel sowie Catering- und Retail-Betriebe.
Ein ambitioniertes Projekt als Auftakt einer langfristigen Partnerschaft
Die Zusammenarbeit zwischen Pacovis und IE Food begann um die Jahrtausendwende. Sie ist ein Paradebeispiel für den Nutzen, den ein langfristig ausgelegter Masterplan einem Unternehmen der industriellen Produktion bringt. Damals veranlasste die wachsende Nachfrage nach Gewürzmischungen und Produktionshilfsstoffen sowie Fertigsaucen Pacovis dazu, im Food-Bereich eine massive Erweiterung der Produktionskapazitäten an die Hand zu nehmen. Daneben sollte der Handel mit rund 4000 Nonfood-Artikeln weiterlaufen. Angedacht war die Errichtung eines separaten Gebäudes auf einem benachbarten Areal der bestehenden Fabrik, die eine räumliche Trennung von der Bereiche Food und Non-Food zur Folge gehabt hätte. Pacocis erteilte IE Food den Auftrag, diesen Ansatz zu prüfen und weiterzuentwickeln.
Erste Etappe (2001/2002): Bau einer neuen Food-Fabrik
Die IE-Planer analysierten die Erschliessung des Areals, die aktuelle Nutzung der Gebäude und die strategischen Vorstellungen von Pacovis. Auf dieser Grundlage arbeiteten sie gemeinsam mit dem Projektteam des Kunden verschiedene Varianten eines Masterplans aus. Die anschliessende Evaluation führte zu einem klaren und für Pacovis überraschenden Ergebnis: Ein zweites, vom Bestand getrenntes Gebäude hätte für zukünftige Erweiterungen problematische Voraussetzungen geschaffen und die Flexibilität der Infrastruktur unnötig eingeschränkt. Als überzeugende Lösung erwies sich ein Anbau am bestehenden Gebäude, der mit einer Reorganisation der Prozesse und der internen Transportsysteme einhergehen sollte. Kernelement des Projekts war die Erstellung eines Verbindungsstrangs, Backbone oder Rückgrat genannt, der sich als beidseitig zugänglicher Korridor zwischen dem bestehenden und dem neuen Gebäudeteil durch das gesamte Areal zieht.
Der Backbone: Schlüssel für eine flexible Entwicklung der Infrastruktur
Über diesen «Rückgrat» der Fabrik werden die Material-, Personen- und Medienflüsse geführt, die übereinander angeordnet und strikt voneinander getrennt sind. Er erschliesst die angegliederten Produktions- und Funktionsbereiche und ermöglicht spätere Erweiterungen der Produktion bei laufendem Betrieb. Beim Erweiterungsprojekt von Pacovis wurden die bestehende Produktion für Non-Food und der Anbau für die Food-Herstellung dem Backbone angegliedert. Gleichzeitig wurden die Voraussetzungen für einen nächsten möglichen Erweiterungsschritt geschaffen.
Zweite Etappe (2010/2011): Anbau einer Produktionshalle für Nassprodukte
Diesen packte Pacovis rund zehn Jahre später an und zog für die Projektplanung wiederum die Spezialisten von IE Food bei. Anlass für den Weiterausbau der Fabrik war das starke Wachstum im Nassprodukte-Markt, in dem Pacovis inbesondere mit Kräuterbutter und Marinaden eine führende Position besetzt. Im neu zu erstellenden Erweiterungsbau sollten diese beiden Produktionszweige zusammengefasst werden. Die Leitplanken für die Planung und Umsetzung des Vorhabens setzte der im Jahr 2001 entwickelte Masterplan. Mit einer von IE Food erstellten Machbarkeitsstudie wurde die Durchführbarkeit des Projektes geprüft und verifiziert.
Die kluge Voraussicht der Planungsteams und die bereits damals vorhandene Bereitschaft der Bauherrin, Vorinvestitionen zu tätigen, zahlte sich nun aus: Es gelang, die neue Produktionshalle für Nassprodukte und die entsprechenden Prozesse ohne Kompromisse in den Gebäudebestand zu integrieren und die neuen Funktionen auf den alten UG (Rohstofflager aus 2001) zu erstellen. Da die Material-, Personen- und Medienflüsse im Masterplan sozusagen vorgespurt waren, konnte der Aufwand für die Anpassungen tief gehalten werden. Pacovis legt grossen Wert auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz und nahm das Erweiterungsprojekt zum Anlass, IE Food auch mit der Entwicklung eines neuen Energiekonzepts zu beauftragen. Die Planer legten eine Lösung vor, bei der überschüssige Wärme aus Kältemaschinen über Wärmetauscher einem gross dimensionierten Speicher zugeführt und für die verschiedenen Verbrauchspunkte im Betrieb bereitgestellt wird.
Gebaut wurde auch die zweite Etappe ohne Beeinträchtigungen oder Unterbrechungen des laufenden Betriebs. IE Food bearbeitete das Gesamtprojekt als Totalunternehmerin mit Garantien für Kosten, Termine, Qualität und Funktion.
Etappe 3 (2019/2020): neue Bürofläche und Sozialräume aufs Dach gesetzt
Der Mensch denkt, und der Markt lenkt: In den letzten Jahren verzeichnete Pacovis enorme Zuwachsraten im Online-Handel. Damit erhöhte sich der Bedarf an Büroarbeitsplätzen für Beratung und Verkauf in relativ kurzer Zeit weit über die im bestehenden Verwaltungstrakt vorhandenen Kapazitäten hinaus. Es stand ausser Diskussion, dass diese in geeigneter Form massiv aufgestockt werden mussten. Angestrebt wurde praktisch eine Verdoppelung der Arbeitsplätz von 80 auf 155. Mit dieser Zielsetzung wandte sich Pacovis 2019 einmal mehr an das Planungsunternehmen IE Food, das sich in der über 20-jährigen Zusammenarbeit mit dem Nahrungsmittelhersteller einen erheblichen Vertrauensbonus erarbeitet hatte.
Die IE Planer nahmen den Ball auf und erarbeiteten ein Konzept für die Erweiterung, die wiederum im Bestand zu erfolgen hatte. Dabei orientierten sie sich am ursprünglichen Masterplan von 2001, der im Kontext mit der aktuellen Situation auf dem Areal leicht angepasst wurde. Der aus einer Evaluation von Variantenstudien hervorgegangene Umsetzungsansatz der IE-Planer sah im wörtlichen Sinn eine Aufstockung vor: Auf dem Dach der 2011 in Betrieb genommenen Halle für die Nassproduktion sollte ein zweites Obergeschoss entstehen. Auf der neu geschaffenen offenen Fläche würden die Arbeitsplätze für die Fachberatung und den Verkauf sowie für das Forschungs- und Entwicklungsteam in einem Raum zusammengeführt. Gleichzeitig sollte im südlichen Bereich die Empfangszone für Kunden und Gäste neu gestaltet und ein Pausenraum mit Cafeteria und einer Loggia realisiert werden.
Die Umsetzung verlief reibungslos, obwohl während der Realisationsphase im Herzen der Verkaufsabteilung und direkt über der Produktion zwei Baustellen in Betrieb waren. Die umsichtige Bauplanung der Spezialisten von IE Food, wirkungsvolle Massnahmen zum Schutz vor Lärm und Staub, sowie eine umsichtige Koordination der Betriebs- und der Baulogistik gewährleisteten einen weitgehend störungsfreien Fortgang des Betriebs währen der gesamten Bauzeit.
Die Antizipation der Unternehmenszukunft setzt sich fort
Pacovis ist mit dem Masterplan 2001 von IE Food über zwei Jahrzehnte gut gefahren. Die Investitionen erfolgten gezielt und trugen unmittelbar zur Steigerung der Produktivität bei. Aus strategischer Sicht fällt ins Gewicht, dass keines der bisherigen Erweiterungsprojekte ein Präjudiz schaffte, das Optionen für die Zukunft einschränkt oder Chancen für die Weiterentwicklung verbaut. Bereits denken die IE-Planer über neue Szenarien für die weitere Arealentwicklung nach. Dieser wird wiederum einen Masterplan zugrunde liegen, der eine flexible Nutzung von weiteren Ausbauten erlaubt. Ob Pacovis diese morgen oder übermorgen realisiert, ist offen. Die Märkte entscheiden.
Weitere Informationen unter:
Theo Louwes, Geschäftsführer IE Food, Wiesenstrasse 7, 8008 Zürich
Tel. +41 44 389 86 00
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