Seit Jahrzehnten regeln sinnvolle Ausnahme-Regelungen für den so genannten «kleinen Grenzverkehr». Im Zuge traditioneller und neu lancierten regionaler Vermarktungs-Kooperationen gewinnen diese Abkommen seit Jahren an Bedeutung. Mit einer per 1. Januar 2022 geplanten Neuregelung der Zoll-Bestimmungen sollen die Ausnahme-Regelungen für den «kleinen Grenzverkehr» nun stark erschwert werden.
Starker Widerstand der Grenzregionen
Dieses Vorhaben hat insbesondere in der Region Basel für grosse Irritationen und vehemente Proteste ausgelöst. Entsprechende Vorstösse im baselstädtischen Parlament werden von der Regierung des Kantons Basel-Stadt vollumfänglich unterstützt. Der seit Februar 2021 neu amtierende Regierungspräsident Beat Jans (SP) kündigte sogar in einer offiziellen Medienmitteilung an, persönlich bei Bundesrat Ueli Maurer zu intervenieren. Bezüglich politischer Einflussnahme in Bundesbern ist Jans bestens geübt, denn bis Ende 2020 wirkte er als Teil der baselständischen Nationalrats-Delegation im Bundeshaus mit. Die Chancen stehen gut, dass das Anliegen aus der Region Basel bei den Vertretungen weitere Grenzregionen auf offene Ohren und Unterstützung stösst.
In der Medienmitteilung betont Regierungspräsident Beat Jans die Gründe für das starke Engagement der baselstädtischen Exekutive: «Die bisherige, historisch gewachsene Regelung für den Marktverkehr in der engen Grenzzone zwischen der Schweiz und Deutschland sowie der Schweiz und Frankreich hat sich bewährt und entspricht der gelebten Tradition in unserer trinationalen Region. Marktwaren aus der Grenzzone sind für eine Versorgung mit regionalen Lebensmitteln notwendig, da das Angebot bei bestimmten Produkten in der Schweizer Region zu klein ist.»
Neue Zollbestimmungen bedrohen regionale Vermarktung
In der aktuell gültigen Richtlinie ist der Verkauf von Marktwaren nicht nur auf dem Markt, sondern auch «im Herumziehen von Haus zu Haus an Selbstverbraucher sowie an Hotels, Restaurants, Pensionen usw.» bisher explizit erlaubt. Neu sollen Waren vom Marktverkehr ausgeschlossen werden, die «im Abonnement an Abholorte oder direkt an den Wohnort» oder «an Zwischenhändler/ Grossabnehmer wie Hotels, Restaurants, Kantinen, Altersheime usw. geliefert werden». Diese Waren müssen künftig als normale Handelswaren angemeldet werden und sind von jeglichen Abgabebefreiungen oder administrativen Erleichterungen ausgeschlossen. Bisher dürfen einige wenige, klar definierte saisonale Produkte (frisches Gemüse, Kartoffeln, Beeren) in einem engen Radius von zehn Kilometer beidseits der Grenzen bis zu einem bestimmten Gesamtgewicht frei eingeführt werden. Geregelt ist dies in den Grenzabkommen mit den Nachbarländern, so im schweizerisch-deutschen Abkommen vom 5. Februar 1958 über den Grenz- und Durchgangsverkehr. Davon profitieren Private ebenso wie die Gastronomie.
«Vereinfachungen im Grenzverkehr»?
Die Eidgenössische Zollverwaltung will dies nun nicht mehr akzeptieren. Im Rahmen ihres mehrjährigen Transformationsprogramms (DaziT) zur vereinfachten und digitalen Abwicklung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs hat sie die entsprechende Richtlinie angepasst. Wie die Proteste aus der konkreten Vermarktungspraxis und die starke Unterstützung der offiziellen Politik zeigen haben die verantwortlichen der Zollverwaltung ein wichtiges Ziel bei Optimierungsprozessen übersehen: Technisch-administrative Vereinfachung sind kein politisches Ziel per se, insbesondere wenn die angeblichen verwaltungstechnischen Verbesserungen in der Praxis grossen Erschwernissen und Einschränkungen für die konkret Betroffenen Unternehmen und Kooperationspartner verursachen.
Quellen und weitere Informationen: https://www.pd.bs.ch/nm/2021-neue-zollrichtlinie-basler-regierungspraesident-interveniert-in-bern-pd.html