Wäre es nicht so laut gewesen, hätte ich mich in einem Museum verortet, als wir an einem Donnerstagabend im März die Fabrikanlage der Blattmann Schweiz AG in Wädenswil besichtigen konnten. Es war beeindruckend, dass diese Maschinen nach vielen Jahrzehnten im Einsatz stetig weiterlaufen und zuverlässig ihren Job verrichten. Ihre Outputs werden als Zutaten in allen möglichen Lebensmitteln eingesetzt.
Die hergestellten Weizen- und Dinkelproteine werden zur Standardisierung der Mehlqualität vor allem in Backwaren zugegeben und sind vermehrt zur Produktion von vegetarischen Fleischalternativen gefragt. Glukosesirup verhindert die Kristallisation von Zucker, sichert diversen Süsswaren eine lange Haltbarkeit und ist für das Schmelzverhalten von Eiscreme unverzichtbar. Mit Quellstärke können Suppen, Saucen und Crèmen verdickt werden. Die mechanischen und chemischen Verfahren der Verarbeitung ihrer Rohstoffe haben sich in der Vergangenheit nicht gross verändert, deshalb können sie von der Langlebigkeit ihrer Maschinen profitieren.
Langjähriges Businessmodel steht unter Druck
Als KMU mit 60 Mitarbeitenden produziert die Blattmann Schweiz AG ca. 50 Prozent des Bedarfs an Weizenproteinen und Glukosesirup der Schweiz. Konkurrenten aus den Nachbarländern brauchen für die Verarbeitung dieser Menge nur zwei Wochen. Darum hat sich die Blattmann Schweiz AG auf Bio-Glukosesirup, Bio-Weizengluten und Bio-Dinkelgluten sowie auf Nischenprodukte wie IP Suisse Weizengluten und IPS Suisse Urdinkelgluten und Clean-Label Stärken spezialisiert. Sie stehen aber trotzdem vor grossen Herausforderungen. Da rund die Hälfte der Produktion exportiert wird, leiden sie unter dem starken Schweizer Franken. Hinzu kommen ungleiche Zölle zwischen der EU und der Schweiz, die zu einer direkten Mehrbelastung und Reduktion der Marge führen. Als Industriebetrieb brauchen sie viel Energie, die vor allem aufgrund der gestiegenen Preise immer stärker zu Buche schlagen. Schlussendlich macht ihnen wie vielen anderen Unternehmen auch der Fachkräftemangel sorgen.
Innovationen stimmen zuversichtlich
Nichtsdestotrotz schaut die Blattmann Schweiz AG optimistisch in die Zukunft, wie uns Marc Kolb, seit Oktober 2021 Technical Sales Manager, in seiner Vorstellung des Unternehmens präsentierte. Sie haben den Anspruch, bei der Transformation hin zu einem nachhaltigen Nahrungsmittelsystem einen Beitrag zu leisten und ihre Verantwortung wahrzunehmen.
Deshalb wird der Glukosesirup neu ohne Ionenaustauscher (nicht Ionentauscher) produziert, was die Belastung des Abwassers wesentlich verringert. Sie möchten mehr Swissness in ihre Wertschöpfungskette bringen und produzieren seit Ende 2023 Gluten aus Schweizer IP-Weizen. Dadurch können sie die Lieferkette verkürzen und einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Ein weiteres Ziel ist es, ihr Produkteportfolio zu erweitern. Dabei steht das Upcycling von Nebenströmen der Lebensmittelindustrie im Fokus. Durch die Verarbeitung von Nebenströmen der Mühlen, «Abfälle» der Kartoffelindustrie und Biertrester, möchten sie die Verminderung der Lebensmittelverschwendung unterstützen und neue Einkünfte generieren. Bei der Gewinnung von Protein, Stärke und Nahrungsfasern spielen neben dem Getreide auch Hülsenfrüchte eine grosse Rolle. In diesem neuen Geschäftszweig können sie von ihrem Maschinenpark und dem Know-how ihrer Mitarbeitenden profitieren.
Standortvorteil gute Vernetzung
Die Nutzung von Nebenströmen für die menschliche Ernährung nimmt immer mehr Fahrt auf, wurden sie bisher primär als Futtermittel verwertet. Dort werden sie dann fehlen. Um an diese immer stärker gefragten Rohstoffe zu kommen, werden gute Kontakte und ein breites Netzwerk ein Vorteil sein. Die Vernetzung stand auch bei unserem Besuch im März im Zentrum. Der interessante Einblick in dieses traditionsreiche Unternehmen kam bei den 35 teilnehmenden Personen sehr gut an, und es wurde beim abschliessenden Apéro noch rege diskutiert und ausgetauscht.
Marcel Anderegg, Geschäftsführer SVIAL