7,3 Prozent sind alleinige Betriebsleiterinnen, weitere 28 Prozent sind als Mitbewirtschafterinnen oder Co-Betriebsleiterinnen tätig. Zudem beteiligen sich viele Frauen aktiv an der Betriebsführung und an den Arbeiten, ohne den Status einer Betriebsleiterin zu haben. Insgesamt leisten Frauen einen massgeblichen Beitrag zur Arbeit und zum Erfolg der 47 719 Landwirtschaftsbetriebe in der Schweiz. Sie sind tragende Säulen unserer Land- und Ernährungswirtschaft.
Frauen bringen fundierte Ausbildungen z. B. in Landwirtschaft, Betriebswirtschaft, Ernährung, in handwerklichen oder sozialen Berufen mit. Über 2800 Frauen und Männer haben seit 2002 den Fachausweis «Bäuerin/bäuerlicher Haushaltleiter» abgeschlossen, einige setzen ihre Laufbahn mit höheren Fachprüfungen fort. In der landwirtschaftlichen Ausbildung stellen Frauen inzwischen fast einen Viertel der Lernenden – Tendenz steigend. Damit ist klar: Frauen sind fachlich bestens gerüstet, um Betriebe gleichberechtigt zu führen und weiterzuentwickeln. Ihre Arbeitsfelder sind breit gefächert: von der Produktion über die Verarbeitung, die Direktvermarktung bis zu Buchhaltung, Agrotourismus, Hauswirtschaft und Betreuung. Ohne sie wäre die Schweizer Landwirtschaft ärmer – ökonomisch wie gesellschaftlich.
Doch bestehen strukturelle Defizite. Fast die Hälfte der Frauen ist nicht entlöhnt – und hat somit keinen Zugang zu Mutterschaftsversicherung oder zweiter Säule. Vorsorgefragen sind oft ungeklärt, Anerkennung der Arbeiten nicht selbstverständlich. Vereinbarkeit von Familie, Betrieb und Erwerbstätigkeit bleibt herausfordernd. Mutterschaft erschwert Betriebsübernahmen, Vertretungslösungen fehlen. Auch die Anerkennung als Fachkraft ist nicht immer gegeben – Geschäftspartner suchen noch immer «den Chef».
Es hat Fortschritte gegeben: Ab 2027 verlangt die Direktzahlungsverordnung erstmals einen obligatorischen Versicherungsschutz für mitarbeitende Ehepartnerinnen und Ehepartner. Ein wichtiger Schritt, jedoch ein Minimalansatz. Altersvorsorge, Entlöhnung und Eigentumsverhältnisse bleiben zentrale Fragen. Rahmenbedingungen müssen so gestaltet werden, dass Frauen in der Landwirtschaft fair entlöhnt und abgesichert arbeiten können. Das gilt nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für Familienbetriebe im Gewerbe, KMU, zum Beispiel in der Verarbeitungsbranche. Alle Geschäftsmodelle mit familieneigenen Mitarbeitenden sind gefordert, die Entlöhnung, Versicherung und Vorsorge für Frauen klar zu regeln. Denn Frauen sind längst nicht nur «dabei» – sie sind Mitgestalterinnen. Sie tragen Verantwortung, treffen strategische Entscheidungen, leisten einen wirtschaftlichen Beitrag und sichern mit ihrer Arbeit die Zukunft der Land- und Ernährungswirtschaft.
Die Vision ist: Frauen werden gleichberechtigte Betriebsleiterinnen sein, ihre Stimme in Agrarpolitik und Verbänden wird selbstverständlich gehört. Sie prägen Geschäftsfelder, stärken die Ernährungssicherheit und tragen dazu bei, dass die andwirtschaft ein attraktiver Beruf mit Perspektiven bleibt. Damit dieser Wandel gelingt, braucht es politische Rahmenbedingungen, gesellschaftliches Umdenken und ein starkes Netzwerk. Der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband steht dafür seit über 90 Jahren ein. Denn: Wer Ernährungssicherheit, nachhaltige Produktion und lebendige ländliche Räume will, muss auch Frauen konsequent stärken.
Kathrin Bieri, Geschäftsführerin Schweizerischer Bäuerinnen und Landfrauenverband