Fehlkonstruktion EU-Binnenmarkt für Fleisch


Aus den verschiedenen Fleischskandalen, welche sich in den letzten drei Jahrzehnten ereigneten, hat die EU wenig gelernt. Der EU-Binnenmarkt erweist sich für den Fleischmarkt als Fehlkonstruktion. Die Europäische Kommission versucht bis heute, der Problematik durch immer neue Deklarationspflichten Herr zu werden.

Dr. Dietmar Stutzer

Der einst von einer Propagandakampagne ohnegleichen begleitete «EU-Binnenmarkt 92» war noch gar nicht vollendet, da hatte ihm beim Fleisch die britische BSE-Katastrophe 1990 schon den Garaus gemacht. Bis zum Stichtag 20. Juni 1998 hatte Grossbritannien 171'935 Fälle registriert, Nordirland 1770, die Kanalinseln 1'237, das Vereinigte Königreich zusammen also 174'942 Fälle. Es konnte nie aufgezählt werden, wie viele Fehler – auch vorsätzliche – in den behördlichen und wissenschaftlichen Reaktionen auf diese bis dahin einmalige Katastrophe für die Tiergesundheit gemacht wurden, beginnend bei der Europäischen Kommission und Grossbritannien bis zu den meisten Mitgliedsländern. Von der Unfähigkeit, mit diesem Desaster umzugehen‚ hat sich jedenfalls dieser Teil des EU-Binnenmarktes bis ins Jahr der «Pferdefleischlasagne» 2013 nicht mehr erholt. Es ist auch immer wieder zu umfassenden Marktkrisen für Rindfleisch mit zeitweiligen und regionalen Marktzusammenbrüchen gekommen.

Negative Auswirkungen
In diese Krisen schoben sich in dichter Folge regionale Seuchen- und Tiergesundheitskalamitäten, mit äusserst negativen Wirkungen auf das Vertrauen der Verbraucher. Ausgehend von Belgien 1990 gab es immer wieder grosse Ausbrüche der Schweinepest, mit Millionen «Keulungen» gesunder Schweine und weiträumigen Einschränkungen des Vieh- und Lebensmittelproduktenverkehrs. Begleitet waren diese Seuchenzüge von wachsenden Zweifeln an der Richtigkeit der Tierseuchen – und vor allem der Impfpolitik der EU, die zuerst in der Landwirtschaft, dann auch in der Fleischbranche geäussert wurden. Inzwischen hat man eine Gesamtbilanz gezogen, mit dem Ergebnis, dass weder die Europäische Kommission noch die Mitgliedsstaaten aus dem Fleischskandal, der ja vor allem ein Deklarationsskandal und damit eine riesige Verbrauchertäuschung war, Folgerungen gezogen haben, die diese Bezeichnung verdienen. Damit hat das öffentlich-rechtliche System der Lebensmittelkontrolle seine Lücken einmal mehr selbst öffentlich gemacht. Doch auch zwischen den Lücken sah es nicht gut aus. Das deutsche Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hatte festgestellt, dass jährlich von 400 000 Lebensmittelproben aller Art jede siebte Probe beanstandet werden musste, bei Fleischerzeugnissen sogar jede fünfte. Das Vertrauen der Verbraucher wurde beschädigt, nicht nur in die Qualität und Unbedenklichkeit von Fleisch, sondern noch vor allem in das völlig umgestaltete EU-Lebensmittelrecht.

Verpasste Chancen
Im Mittelpunkt dieser Veränderungen standen politische und rechtliche Rahmensetzungen, nämlich die völlige Einbeziehung der Vieh- und Fleischwirtschaft in den freien Binnenmarkt von 1987 bis 1992 und das EU-Lebensmittelrecht. Noch während diese Umgestaltung im Gange war, sagten die dauernden Fleischskandale aus, dass der EU-Binnenmarkt für Fleisch eine Fehlkonstruktion ist, der eigentlich noch nie wirklich funktioniert hat. Der grosse Krisenbereich des Binnenmarktrechtes und seine Praxis, der Veterinärkontrollbereich, als solcher bereits 1988 bekannt, ist es auch geblieben. Es ist von 1985 bis 1988 versäumt worden, vor allen anderen Massnahmen eine Analyse‚ Beschreibung und Bewertung der Lebensmittelkontrollsysteme und ihrer Anwendung vorzunehmen, gleichsam ein Ranking der nationalen Veterinär- und Lebensmittelbehörden. Geradezu naiv ist man davon ausgegangen, dass sie zwar nicht gleichartig, aber sämtlich gleichwertig seien.
Ausgerechnet in Deutschland ist diese Illusion unter dem Druck der Gammelfleischskandale zusammengebrochen. Die meisten der Praktiken, die das System zum Einsturz gebracht haben, sind letztlich von den Lebensmittel-Discountern und ihren Forderungen nach Billigware angeschoben werden, die dann von den Verbrauchern aber auch gekauft werden. Der Verbraucher wollte und will immer noch nicht anerkennen, dass Lebensmittel nicht nur einen Preis, sondern auch einen Wert haben und Fleisch keine Ramschware ist. Das EU Lebensmittelrecht hat am Beispiel der Fleischbranche vorgeführt, dass sie den Praxistest nicht bestanden hat. Immer noch sind allein die Lebensmittelunternehmen dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass nur unbedenkliche, genusstaugliche und für den menschlichen Verzehr geeignete Lebensmittel auf den Markt kommen. Die Haftung gegenüber dem Endverbraucher liegt nach wie vor beim fleischverarbeitenden Betrieb und nicht beim landwirtschaftlichen Erzeuger.

Glaubwürdigkeit beschädigt
Gleichzeitig brach, ausgehend von Belgien, das gefürchtet hat, zum Land der Vegetarier zu werden, nachdem der Fleischverbrauch von 117 auf 95 kg gesunken ist, ein Wunderglaube an Gütesiegel für Fleisch aus. Das Chaos von Gütezeichen und Herkunftsnachweisen, mit dem sich die Branche gegen das Wegbrechen des Vertrauens der Verbraucher wehren wollte, hat ihre Glaubwürdigkeit wegen seiner Undurchschaubarkeit nur noch mehr beschädigt. Vor allem die Europäische Kommission versucht bis heute durch immer neue Deklarationspflichten, den Einkauf zum Leseabenteuer zu machen und den – überforderten – Verbrauchern letztlich die alleinige Verantwortung für die Produktsicherheit zuzuschieben. Verbände der deutschen und österreichischen Futtermittel- und Fleischwarenindustrie und des Lebensmittelhandels haben sich einmal nach Kräften darum bemüht, mit dem neuen Siegel «QS-Qualität und Sicherheit» den Belgiern auf ihrem Weg in das Etiketten- und Prüfzeichenchaos zu folgen. Zum Glück hat sich aber die Fleischbranche gründlichst überlegt, ob sie sich auf dieses Etikettierungsabenteuer einlassen wollte. Niemand hat nämlich bisher gesagt, wer vor allem die Einhaltung der durch Gütesiegel deklarierten Mast-und Fütterungsverfahren kontrolliert und garantiert. Kein Fleischverarbeiter kann eine Qualität garantieren, auf deren Entstehung er keinen Einfluss hat, nämlich die Fütterung von Masttieren, etwaiges «Medikamentenbeifutter» eingeschlossen. Dabei waren die Zweifel daran, ob dieses «Binnenmarkt-System Fleisch» je funktionieren werde, schon in den «Aufbruchjahren 1985 bis 1990» sehr laut und kamen von (allzu) vielen Seiten.


Lebensmittel-Industrie Ausgabe 1/2 Februar 2016

EVENTS

IFAT

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Swiss Green Economy Symposium

Das Swiss Green Economy Symposium ist die umfassendste Konferenz zu Wirtschaft und Nachhaltigkeit mit zunehmend internationaler Ausstrahlung. Seit 2013.

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Ilmac Lausanne

Networking. Forum. Aussteller

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W3+ Fair Jena

Europas führende Plattform für Forschung und Innovationskraft

Datum: 25.-26. September 2024

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SÜFFA

Die Fachmesse für die Fleischbranche

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Die Messe für Instandhaltung und Services

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Chillventa

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SIAL

Fachmesse für Nahrungsmittel-Innovationen

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Brennpunkt Nahrung

Fachkonferenz über Trends, Märkte und Management

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Datum: 19.-21. November 2024

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glug.swiss

Der neue Treffpunkt für Bier- und Getränkeproduzierende | vom Profi bis zum Selbstvermarkter

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BioFach

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Datum: 11.-14. Februar 2025

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Europas wichtigster Branchenevent für die Wellpappen- und Faltschachtelindustrie.

Datum: 11.-13. März 2025

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IFFA

Internationale Leitmesse – Technology for Meat and Alternative Proteins

Datum: 03.-08. Mai 2025

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Datum: 05.-08. Mai 2025

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Die führende Weltmesse für Bäckerei, Konditorei und Snacks

Datum: 18.-22. Mai 2025

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Europäische Fachmesse für innovative Laborausstattung und die Optimierung von Labor-Workflows

Datum: 20.-22. Mai 2025

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Automatica

Die Leitmesse für intelligente Automation und Robotik

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SINDEX

Schweizer Messe für industrielle Automatisierung

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Drinktec Deutschland

Auf der Weltleitmesse der Getränke- und Liquid-Food-Industrie

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Oils + fats

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Fachmesse und Symposium: Inspiration, Weiterbildung und Netzwerk

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CMS Berlin

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Pharma.Manufacturing.Excellence

Datum: 23. - 25. September 2025

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Anuga

Weltweite Ernährungsmesse für Handel und Gastronomie/Ausser-Haus-Markt

Datum: 04.-08. Oktober 2025

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Messe und Kongress für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit

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igeho

Internationale Branchenplattform für Hotellerie, Gastronomie, Take-away und Care

Datum: 15.-19. November 2025

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AQUA Suisse

Die Schweizer Fachmesse für kommunales und industrielles Wassermanagement.

Datum: 26.-27. November 2025

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Pumps & Valves

Die Fachmesse für industrielle Pumpen, Armaturen & Prozesse

Datum: 26. - 27. November 2025

Ort: Zürich (CH)

EuroShop

Fachmesse für den Investitionsbedarf des Handels

Datum: 22.-26. Februar 2026

Ort: Düsseldorf (D)

interpack

Führende Messe für Prozesse und Verpackung

Datum: 07.-13. Mai 2026

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Bezugsquellenverzeichnis