Lebensmittelskandale: Wer durchschaut die Lieferkette?


Jeder Lebensmittelskandal weckt den Ruf nach härteren Massnahmen. An Bio und weitere Labelprodukte werden zu Recht besonders hohe Ansprüche an Qualität und Sicherheit gestellt. Ein Blick auf die Vollzugspraxis am Beispiel der Biolebensmittel.

Peter Jossi

Der Biohandel spielt weltweit eine grosse Rolle. Bio Suisse und weitere Biostandards verlangen weitere Anforderungen, wie die Gesamtbetrieblichkeit der Landwirtschaftsbetriebe oder den Verzicht auf Flugtransporte. Wie wird dies sichergestellt?

Überprüfung der ganzen Wertschöpfungskette
Biolebensmittel unterstehen von der landwirtschaftlichen Produktion bis zur Vermarktung auf jeder Stufe einem unabhängigen Zertifizierungssystem. Die Einhaltung der ökologischen Anforderungen in der Landwirtschaft und der artgerechten Tierhaltung werden regelmässig vor Ort überprüft. In Verarbeitung und Handel stehen die Einhaltung der Bio-Rezepturen und die separierte Verarbeitung im Zentrum. Wichtig ist die Warenflussprüfung: Wurden genug Biozutaten für die Herstellung der verkauften Menge an Biolebensmitteln eingekauft? Bei der Vermarktung in der Schweiz müssen selbstverständlich auch importierte Bioprodukte biozertifiziert sein. Ergänzend erfolgen Zusatzkontrollen, oft aufgrund konkreter Verdachtmomente, der Überprüfung angeordneter Massnahmen oder nach dem Zufallsprinzip.

Attraktiv, nicht nur für Konsumenten
Die Lebensmittelsicherheit ist bei Bioprodukten dank der über die Jahrzehnte etablierten Biozertifizierung und der meist sehr grossen Eigenverantwortung der Biovermarkter überdurchschnittlich hoch. Neue Bedrohungen machen jedoch neue professionelle Antworten notwendig. Die Biolebensmittelsortimente erfreuen sich einer wachsenden Nachfrage und erzielen am Markt überdurchschnittliche Preise. Dies generiert einen Nachfragesog. Im Herbst 2014 deckte die deutsche Tageszeitung «taz» einen aktuellen Bioskandal auf: Zwei Handelsfirmen aus Rumänien haben nach taz-Recherchen rund 5500 Tonnen konventionelles Getreide und ebensolche Ölsamen als Bioware verkauft – unter anderem nach Deutschland. Das entspricht der Ladung von etwa 220 LKWSattelzügen. Der Inhalt wurde etwa zu Sonnenblumenöl und Mehl verarbeitet. Verbraucher haben also umweltfreundliche Bioprodukte bezahlt – aber nur billige konventionelle Ware erhalten.

Wiederholungstäter?
Sowohl Behörden als auch Händler waren vorgewarnt: Einer der Lieferanten war schon vor Jahren an einem der grössten Betrugsskandale der europäischen Bio-Branche beteiligt.
Im Dezember 2011 hielt ein grossangelegter Bio-Skandal Europa in Atem. Es wurde bewiesen, dass grosse Mengen an Mais, Soja, Weizen und weiteren Produkten aus konventionellem Anbau als «bio» verkauft worden waren. Die wichtigsten Akteure waren damals eine italienische Zertifizierungsstelle und italienische Händler. Mitte 2012 wurden die ersten Urteile verkündet. Anfang dieses Jahres wurden weitere Zusammenhänge von einer Sonderarbeitsgruppe aufgedeckt und es kam zu weiteren Urteilen. Die neuen Beweise belegen, dass es einer Bande Krimineller über mehrere Jahre hinweg möglich war, Gesetze und das Zertifizierungssystem zu untergraben. Obwohl es etliche Warnungen gegeben hatte, handelte das italienische Landwirtschaftsministerium damals nicht.


Vernetzung: Virtuelle Instrumente…
Mit dem Wachstum des Biomarkts wächst der Druck zur internationalen Zusammenarbeit, etwa bei der Verhinderung oder Aufdeckung von Betrugsfällen. Die in der Schweiz im Biobereich führende Zertifizierungsstelle «bio.inspecta AG» arbeitet mit Partnerorganisationen in Europa und darüber hinaus zusammen. Ein wichtiges Element sind dabei virtuelle Datenbanken als Basis für die gut vernetzte Koordination und Überwachung der zertifizierten Warenströme. Damit verbunden ist auch durch die Lebensmittelbranche nutzbarer Service, der aktuelle Zertifikatsabfragen ermöglicht und somit das Risiko von Zertifikatsfälschungen eindämmt.

...ersetzen nicht den fachlichen Austausch
Die «Quavera Alliance», ein Netzwerk von europäischen Öko-Biozertifizierungsstellen, vertieft derzeit die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur Betrugs ab wehr. Europaweit werden landwirt schaftliche Bio-Betriebe, Verarbeitungsunternehmen, Importeure und Handelsunternehmen nach den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau überprüft – in fast allen EU-Mitgliedsstaaten durch staatlich zugelassene Zertifizierungsstellen.
Innovative Kontrollinstrumente wie risikobasierte Inspektionen, Internetplattformen für Bio-Zertifikate, stufenübergreifende Warenfluss-Prüfungen und neue analytische Methoden haben in den letzten Jahren Einzug in die Bio-Kontrolle gehalten. Erstmals fördert nun die Europäische Union mit einem Projekt die grenzüberschreitende Anwendung risikoorientierter Prüfmethoden. Im Laufe von zwei Jahren sollen mit Hilfe eines «Trainthe-Trainer»-Konzeptes erfahrene Inspektoren aus europäischen Biozertifizierungsstellen weiterqualifiziert werden.

Neue Allianzen entlang der Wertschöpfungskette
Die beste Zertifizierung ersetzt nicht die Verantwortung der Vermarktungsunternehmen für die eigene Produkt- und Wertschöpfungskette und transparente Informationen über die Herkunft und Produktgeschichte der Lebensmittel. Beim Grossverteiler Coop erhalten die Kunden detaillierte Informationen zur Herkunft von Bio-Gemüse und Bio-Früchte – auch aus dem Ausland, wie das Unternehmen betont. Alle Betriebe werden regelmässig kontrolliert und liefern je nach Saison ihre Produkte vom Hof frisch an Coop.
Der entsprechende Identifikationscode ermöglicht detaillierte Informationen über die Produzenten und deren Biohöfe. Vertiefte Informationen vermittelt die Unternehmenswebsite mit fortlaufenden Angeboten auch für die mobile Kundschaft, welche die Detailinfos gleich via «Coop iApp» nachschauen will. Angebote wie diese zeigen das Entwicklungspotential auf für die Zukunft für eine zeitgemässe Produktkommunikation über den eng begrenzten Platz auf Verpackungen und Etiketten.

Das Fazit
Je komplexer die Regelwerke, desto schwieriger und komplexer gestaltet sich der praxisfähige Vollzug. Langsam reift die allgemeine Erkenntnis, wenn auch noch kaum bei allen Label- und Ratingorganisationen: Die zunehmende Regeldichte verhindert ab einem gewissen Punkt den gezielten Betrug nicht mehr, sondern im Extremfall eher den Missbrauch. Praxisfähige Regelwerke und zeitgemässe Vollzugsabläufe schaffen wichtige Rahmenbedingungen für einen sicheren Handel. Sie entbinden die Unternehmen aber niemals von der Eigenverantwortung. Wer mit seinen Zulieferunternehmen langfristig gute und faire Handelsbeziehungen auf der Basis klarer sozialökologischer Qualitätsanforderungen pflegt, sichert sich damit auch den langfristigen ökonomischen Erfolg.

EVENTS

IFAT

Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft

Datum: 13.-17. Mai 2024

Ort: München (D)

VITAFOODS EUROPE

Messe für Nutraceuticals, Functional Food & Drinks

Datum: 14.-16. Mai 2024

Ort: Genf (CH)

drupa

Weltweit führende Fachmesse für Drucktechnologien

Datum: 28. Mai-07.Juni 2024

Ort: Düsseldorf (D)

ArbeitsSicherheit Schweiz

Fachmesse für Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz

Datum: 05.-06. Juni 2024

Ort: Zürich (CH)

Achema

Internationale Leitmesse der Prozessindustrie

Datum: 10.-14. Juni 2024

Ort: Frankfurt am Main (D)

SENSOR + TEST

Internationale Fachmesse für Sensorik, Mess- und Prüftechnik

Datum: 11.-13. Juni 2024

Ort: Nürnberg (D)

Swiss Green Economy Symposium

Das Swiss Green Economy Symposium ist die umfassendste Konferenz zu Wirtschaft und Nachhaltigkeit mit zunehmend internationaler Ausstrahlung. Seit 2013.

Datum: 27.-29. August 2024

Ort: Winterthur (CH)

all about automation

Fachmesse für Industrieautomation

Datum: 28.-29. August 2024

Ort: Zürich (CH)

maintenance Schweiz

Schweizer Fachmesse für industrielle Instandhaltung und Facility Management

Datum: 28.-29. August 2024

Ort: Zürich (CH)

Ilmac Lausanne

Networking. Forum. Aussteller

Datum: 18.-19. September 2024

Ort: Lausanne (CH)

FachPack

Europäische Fachmesse für Verpackung, Technik, Veredelung und Logistik

Datum: 24.-26. September 2024

Ort: Nürnberg (D)

W3+ Fair Jena

Europas führende Plattform für Forschung und Innovationskraft

Datum: 25.-26. September 2024

Ort: Jena (D)

SÜFFA

Die Fachmesse für die Fleischbranche

Datum: 28. - 30. September 2024

Ort: Stuttgart (D)

IN.STAND

Die Messe für Instandhaltung und Services

Datum: 08.-09. Oktober 2024

Ort: Stuttgart (D)

Chillventa

Weltleitmesse der Kältetechnik

Datum: 08.-10. Oktober 2024

Ort: Nürnberg (D)

SIAL

Fachmesse für Nahrungsmittel-Innovationen

Datum: 19.-23 Oktober 2024

Ort: Paris (F)

Südback

Fachmesse für das Bäcker- und Konditorenhandwerk

Datum: 26.-29. Oktober 2024

Ort: Stuttgart (D)

ALL4PACK EMBALLAGE

The global marketplace for Packaging Processing Printing Handling

Datum: 04.-07. November 2024

Ort: Paris (F)

Brennpunkt Nahrung

Fachkonferenz über Trends, Märkte und Management

Datum: 5. November 2024

Ort: Luzern (CH)

5. Future Food Symposium

 «Made in Switzerland - Gute Partnerschaften für mehr Ernährungssouveränität»

Datum: 8. Februar 2024

Ort: Online-Event (CH)

electronica

Weltleitmesse und Konferenz der Elektronik

Datum: 12.-15. November 2024

Ort: München (D)

Fi Europe

Internationale Fachmesse für Lebensmittelzusatzstoffe

Datum: 19.-21. November 2024

Ort: Frankfurt (D)

BrauBeviale

Europäische Fachmesse für die Getränkewirtschaft

Datum: 26.-28. November 2024

Ort: Nürnberg (D)

glug.swiss

Der neue Treffpunkt für Bier- und Getränkeproduzierende | vom Profi bis zum Selbstvermarkter

Datum: 06.-07. Februar 2025

Ort: Aarau (CH)

BioFach

Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel

Datum: 11.-14. Februar 2025

Ort: Nürnberg (D)

CCE International

Europas wichtigster Branchenevent für die Wellpappen- und Faltschachtelindustrie.

Datum: 11.-13. März 2025

Ort: München (D)

IFFA

Internationale Leitmesse – Technology for Meat and Alternative Proteins

Datum: 03.-08. Mai 2025

Ort: Frankfurt (D)

TUTTOFOOD

Internationale B2B-Messe für Food & Beverage

Datum: 05.-08. Mai 2025

Ort: Mailand (I)

iba

Die führende Weltmesse für Bäckerei, Konditorei und Snacks

Datum: 18.-22. Mai 2025

Ort: München (D)

LABVOLUTION

Europäische Fachmesse für innovative Laborausstattung und die Optimierung von Labor-Workflows

Datum: 20.-22. Mai 2025

Ort: Hannover (D)

Automatica

Die Leitmesse für intelligente Automation und Robotik

Datum: 24.-27. Juni 2025

Ort: München (D)

SINDEX

Schweizer Messe für industrielle Automatisierung

Datum: 02.-04. September 2025

Ort: Bern (CH)

Drinktec Deutschland

Auf der Weltleitmesse der Getränke- und Liquid-Food-Industrie

Datum: 15.-19. September 2025

Ort: München (D)

Oils + fats

Leitmesse der Öl- und Fettindustrie in Europa.

Datum: 15.-19. September 2025

Ort: München (D)

Ilmac

Fachmesse für Prozess- und Labortechnologie

Datum: 16.-18. September 2025

Ort: Basel (CH)

AM Expo

Fachmesse und Symposium: Inspiration, Weiterbildung und Netzwerk

Datum: 16.-17. September 2025

Ort: Luzern (CH)

CMS Berlin

Internationale Leitmesse für Reinigung und Hygiene

Datum: 23.-26. September 2025

Ort: Berlin (D)

POWTECH

Pharma.Manufacturing.Excellence

Datum: 23. - 25. September 2025

Ort: Nürnberg (D)

Anuga

Weltweite Ernährungsmesse für Handel und Gastronomie/Ausser-Haus-Markt

Datum: 04.-08. Oktober 2025

Ort: Köln (D)

A + A

Messe und Kongress für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit

Datum: 04.-07. November 2025

Ort: Düsseldorf (D)

igeho

Internationale Branchenplattform für Hotellerie, Gastronomie, Take-away und Care

Datum: 15.-19. November 2025

Ort: Basel (CH)

AQUA Suisse

Die Schweizer Fachmesse für kommunales und industrielles Wassermanagement.

Datum: 26.-27. November 2025

Ort: Zürich (CH)

Pumps & Valves

Die Fachmesse für industrielle Pumpen, Armaturen & Prozesse

Datum: 26. - 27. November 2025

Ort: Zürich (CH)

EuroShop

Fachmesse für den Investitionsbedarf des Handels

Datum: 22.-26. Februar 2026

Ort: Düsseldorf (D)

interpack

Führende Messe für Prozesse und Verpackung

Datum: 07.-13. Mai 2026

Ort: Düsseldorf (D)

Bezugsquellenverzeichnis