Liebe Leserin, lieber Leser

«Schweizer Kinos investieren soviel wie seit 100 Jahren nicht mehr.» Diese Schlagzeile, kürzlich in einer Wirtschaftszeitung gelesen, erstaunte mich sehr. Wie kommt es, dass im Zeitalter von digitalen Film-Anbietern Kinobetreiber in einen tendenziell vom Aussterben bedrohten Markt Millionen-Beträge investieren wollen? Ganz einfach: Die Unternehmer ändern ihr Geschäftsmodell. In bequemen Schalensesseln wird künftig zum Film Wein ausgeschenkt und Feinkost serviert. Oder: In Kinos werden Firmenanlässe durchgeführt, für jugendliche Game-Nachmittage organisiert und – nach dem Vorbild von New York – Opernaufführungen und Sport-Events live übertragen.

Ob die Neuausrichtung gelingt, bleibe dahingestellt. Als wesentlich erachte ich, dass eine Branche über den Tellerrand hinausblickt, neue Wege beschreitet und versucht, Märkte neu aufzurollen. Diese erfrischende Geisteshaltung ist es, welche auch die Lebensmittelbranche weiterbringt. Wer einfach dem Mainstream folgt, macht sich und seine Produkte austauschbar. Der internationale Trend zeigt leider in diese Richtung. Ob wir uns beispielsweise in Zürich, London, Tokio oder Sydney befinden: Wir können – wenn wir das denn wollen – praktisch überall das Gleiche trinken, essen oder kaufen. McDonald’s und Starbucks & Co. lassen grüssen. Die Globalisierung der Lebensmittelindustrie führt zu einem Einheitsbrei. Der Markt wird langweilig und fad.

Für jeden, der Ernährung nicht nur als Selbstzweck zum Sattwerden versteht, sondern damit auch Genuss verbindet, gehen kulinarische Werte verloren. Darum bin ich davon überzeugt, dass der Markt genug Raum für klevere KMUs bietet, die mit neuen, qualitativ hochstehenden Produkten Akzente zum Mainstream setzen. Wer sich Individualität, Frische, Nachhaltigkeit und traditionelle Werteauf die Fahne schreibt, wird auch künftig Abnehmer finden – und macht sich einzigartig und entsprechend begehrt.

Letztlich entscheidet über den Erfolg aber nicht nur das Was (Produkt), sondern auch das Wie (Herstellung). Diesbezüglich nimmt – speziell in der komplexen lebensmittelverarbeitenden Industrie – auch die Logistik eine zunehmend zentrale Rolle ein. Das trifft auch für KMUs zu. Auf einen einfachen Nenner gebracht, geht es darum, Informations- und Warenflüsse so zu verfolgen, um am richtigen Ort jeweils die richtige Information in der richtigen Form zur Verfügung zu haben. Worauf dabei zu achten ist, führt im Interview auf Seite 20 Valtentin Wepfer aus, stellvertretender CEO des Fachverbandes GS1 Schweiz. Dabei thematisiert er ferner die Rückverfolgbarkeit und Transparenz im gesamten Herstellungsprozess.

Ich wünsche Ihnen erhellende Einblicke in die Logistik – und inspirierende Gedanken beim nächsten Kino-Besuch.

Christoph Hämmig
Chefredaktor