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Leitmesse für Labortechnik, Analytik, Biotechnologie und analytica conference
Datum: 09.-12. April 2024
Ort: München (D)
Honig ist eine wichtige Zutat in Back- und Süsswaren: einerseits als gut akzeptiertes Süssungsmittel und andererseits als edler Geschmacksträger. Sortenhonige liegen im Trend. Das empfindliche Aroma verlangt jedoch schonende Prozesse.
Dr. Guido Böhler
Bei Weinen und Spirituosen gibt es seit Langem arten- beziehungsweise sorten- oder herkunftsspezifische Produkte. Seit einiger Zeit auch bei Kaffee, Schokolade (sortenreiner Kakao) Olivenölen und Fruchtsäften. Teilweise gehen die Konzepte sogar weiter zu Single Origins. Das Potenzial für sortenspezifische Produkte ist keineswegs ausgeschöpft. Im Trend liegt beispielsweise Sortenhonig, der als Rarität gilt und teilweise auch in der Schweiz produziert wird, vor allem im Tessin.
Wichtiger Rohstoff
Honig besitzt einen Drittel mehr Süsskraft als Saccharose, ein gutes Image als Süssungsmittel (sogar als Heilmittel) und ist ein wichtiger Rohstoff für die Herstellung von Back- und Süsswaren. Aber hierbei wird er meistens zu stark erhitzt und sein Aroma geschädigt, ebenso sein Gesundheitswert. Das Honigaroma wird vor allem durch die Blütentracht des Nektars gebildet. Es reicht von sehr mild, lieblich bis zu herb oder malzig.
Während viele Rohstoffe ihr Aroma erst durch Hitzebehandlung entwickeln oder verstärken – man denke ans Rösten von Kaffee, Kakao oder Nüssen, ans Backen von Brot und Braten von Fleisch – erleiden fruchtige Aromen durch Wärme Verluste und Veränderungen.
Gemäss Christina Kast vom Zentrum für Bienenforschung der Forschungsanstalt Agroscope besitzt Honig sowohl flüchtige als auch hitzelabile Aromastoffe, die bei Hitzebelastung dezimiert werden. «Der Temperatureinfluss ist exponentiell, aber auch der Zeitfaktor spielt eine Rolle», erklärt Kast. Bei hoher Temperatur caramelisiert der Zucker und der Caramelgeschmack kann ein dezentes Honigaroma überdecken. Agroscope empfiehlt den Imkern daher, kristallisierten Honig auf maximal 55 Grad zu erwärmen, wenn er verflüssigt werden soll. Dies auch, um die Enzyme zu schonen, welche wichtig für den Gesundheitswert sind.
Am Prozessende zugeben
Der Caramelgeschmack kann zwar erwünscht sein, wie etwa bei der Engadiner Nusstorte. Dennoch setzt man den Honig dem caramelisierten Zucker erst nach dem Abkühlen zu, um ihn zu schonen. Beim Backprozess wird er allerdings nochmals erhitzt: weniger stark in einer innenliegenden feuchten Füllung, aber einiges stärker, wenn er Bestandteil des aussenliegenden Teiges ist. Auch bei der Bon bonherstellung werden wert- und geschmacksbestimmende Zusätze wie Honig, Schokolade, Nüsse, Vitamine und Aromen dem gekochten Sirup erst nach der Kühlung zugesetzt.
Viele Backwaren enthalten Honig, die einen aus früherer Zeit, als Honig das wichtigste Süssungsmittel war (Beispiele: Biber, Basler Leckerli, Engadiner Nusstorte). In andern dient er der Aromatisierung, wird im Produktnamen genannt und bewusst nicht mit Gewürzen konkurrenziert (Beispiel: Zürcher Honig-Tirggel). Auch bei Süsswaren gibt es honigbetonte Sorten wie Honigbonbons oder Honignougat. Der Luzerner Biscuithersteller Hug verarbeitet nennenswerte Mengen Honig in Willisauer Ringli, Zimtsternen und Lebkuchengebäcken (Honig-Nüssli, Läckerli, Magenbrot). Die Anteile variieren je nach Produkt von 3 bis 20 Prozent. Die neuen «Dar-Vida extra fin Miel» von Hug sind ein Beispiel für ein Biscuit mit erwünschtem reinem Honiggeschmack.
Honig als Süssungsmittel
So oder so hat Honig als Süssungsmittel in Backwaren Vorteile. Andreas Hug, Geschäftsleiter der Hug AG, betont die Natürlichkeit, aber auch den Geschmack und die gute Konsumenten-Akzeptanz. Er sieht aber auch Nachteile, «da Honig viele reduzierende Zucker enthält, kann in Gebäcken der Acrylamidwert höher steigen als bei vergleichbaren Backwaren ohne Honig. Und als Naturprodukt sind beim Honig qualitative Schwankungen möglich. Weiter kann auch der Preis gegenüber Zucker als Nachteil interpretiert werden».
Die Alternative zu Bienenhonig für Backwaren kann Invertzucker mit Honigaroma (Kunsthonig) sein. Invertzucker ist preiswerter und verzögert die Kristallisation in Backwaren, wie David Mang, Leiter QM & Entwicklung des Bäckerei-Halbfabrikateherstellers Alipro erklärt: «Durch die massgeschneiderte Aromazugabe im Invertzucker kann er dezenter im Geschmack sein als Bienenhonig und eignet sich daher in Produkten, wo der Honiggeschmack im Endprodukt nicht dominieren, eine Kristallisation aber möglichst vermieden werden soll.» Eine typische Anwendung ist der Biberteig.
Kalt applizieren
Wenn Honig jedoch den Hauptgeschmack stiften soll, sind schonende Prozesse gefragt. Wie die meisten Aromen, ausgenommen backstabile, sollte der Honig dann möglichst am Ende der Verarbeitung zugesetzt werden: nach dem Pasteurisieren bei Joghurt, Cremen oder Glacé, und nach dem Backen bei Backwaren, das heisst als Komponente einer kalt applizierten Füllung. Oft werden aus Gründen des einfacheren Handlings Teige vor dem Backen gefüllt, doch auch in der Industrie gibt es die umgekehrte Variante.
Aber auch eine mitgebackene (wasserhaltige) Füllung erreicht kaum 100 Grad, und die Teighülle schützt ausserdem die Füllung vor Aromaverlust. Ebenfalls nur lauwarm und nach dem Backen appliziert wird Sirup in Sirupcakes oder -biscuits. Die Gebäcke werden mit Nadeln gestochen und mit Sirup getränkt, wodurch sie ausserdem sehr saftig werden. Ein bekanntes Beispiel ist das türkische Baklava aus gefülltem Blätterteig, das mit Honig-Gewürz-Sirup getränkt wird. Auch wenn Honig als Coating-Bestandteil auf die Oberfläche von Backwaren, Cerealien-Extrudaten oder Dragier-Einlagen appliziert wird, ist eine moderate Temperatur möglich. Die Oberfläche zu aromatisieren besitzt ausserdem den Vorteil, dass das Coating seine Geschmacksstoffe schneller abgibt als eine Füllung.
Heinrich Grünig, Honigexperte der Importfirma Narimpex, gibt weitere Tipps: «Bei Backwaren, die längere Zeit im Backofen verweilen, ist ein kräftiger Honig besser geeignet. Hier wird man auch im Endprodukt die Honignote noch vorfinden. Und zum Süssen von Dessertprodukten eignen sich leicht dosierbare flüssige Honige.» Auch die Viskosität beziehungsweise der Kristallisationsgrad spielt eine Rolle: «Das volle Aroma gibt der Honig im flüssigen Stadium ab», so Grünig. «Ein cremiger oder kristalliner Honig erscheint oft weniger aromatisch als derselbe Honig in flüssigem Stadium.» Auch beim Bäckereilieferant Pistor ist zu hören, dass die Industrie flüssigen Honig bevorzugt und aus Gründen von Preis und Verfügbarkeit Honige aus Mexiko oder Guatemala verwendet. Bei schonenden Prozessen lohnt sich Schweizer Honig oder sogar Sortenhonig, dessen Aroma im Endprodukt noch wahrnehmbar sein soll. Handwerkliche Gourmetprodukte eignen sich eher dazu als Industrieprodukte, wo man mehr Kompromisse mit der Rationalisierung machen muss.
Leitmesse für Labortechnik, Analytik, Biotechnologie und analytica conference
Datum: 09.-12. April 2024
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