In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und Gesundheit von entscheidender Bedeutung sind, sucht die Lebensmittelindustrie stets nach neuen Wegen, um die Bedürfnisse der Verbraucher zu erfüllen. Im Rahmen meiner Masterarbeit habe ich das Potenzial von Linsenproteinen als wirksame Stabilisatoren für Lebensmittel- Emulsionen untersucht. In der Studie wird untersucht, wie verschiedene Arten von Linsenproteinen in Kombination mit Lecithin die Formulierung von Emulsionen verbessern können, was spannende Möglichkeiten für die Lebensmittelindustrie bietet.
Emulsionen sind Mischungen aus zwei nicht mischbaren Flüssigkeiten wie Öl und Wasser. Sie werden in vielen Lebensmitteln verwendet, von Dressings bis zu Speiseeis. Es ist jedoch eine Herausforderung, diese Mischungen stabil zu halten, damit sie sich nicht mit der Zeit entmischen. Verschiedene Verbindungen, darunter Tenside wie Lecithin, Partikel, Proteine oder Polymere, können zur Stabilisierung von Emulsionen verwendetwerden.
Die Kraft der Linsenproteine
Hülsenfrüchte, insbesondere Linsen, gehören aufgrund ihres hohen Proteingehalts, ihrer breiten Akzeptanz und ihrer geringen Kosten zu den attraktivsten pflanzlichen Produkten zur Stabilisierung von Emulsionen. Die meisten Forschungsarbeiten haben sich jedoch auf Lebensmittel auf Soja- und Erbsenbasis konzentriert, während Linsenproteine relativ wenig Beachtung gefunden haben. Linsenproteine bieten mehrere Vorteile: Sie haben im Vergleich zu Sojaproteinen ein geringeres allergenes Potenzial, einen höheren Ballaststoffgehalt und einen niedrigeren Fettgehalt als Erbsen und Kichererbsen. Ausserdem werden Linsen weltweit angebaut, was sie zu einer nachhaltigen und leicht zugänglichen Option macht.
Die Studie, die am Nestlé-Forschungszentrum und der ETH Zürich durchgeführt wurde, untersuchte, wie verschiedene Arten von Linsenproteinen – Linsenproteinisolat (LPI), Linsenproteinkonzentrat (LPC) und Linsenmehl (LF) – Emulsionen stabilisieren. Das Hauptziel war, zu verstehen, wie diese Proteine mit Lecithin interagieren und wie dies die Emulsionseigenschaften beeinflusst.
Emulgierende Wirkung von Lecithin
Die Untersuchungen zeigten, dass verschiedene Linsenproteinquellen Emulsionen stabilisieren können, wobei sich jede Art unterschiedlich auf die Emulsionsstruktur auswirkt. Linsenproteinisolat erzeugte Emulsionen mit grossen Aggregaten und kleinen Tröpfchen, während Linsenproteinkonzentrat und Linsenmehl zu einer weniger aggregierten Struktur, aber etwas grösseren Tröpfchen führten. Diese Variabilität verdeutlicht das Potenzial, die Emulsionseigenschaften durch die Kombination verschiedener Linsenproteine auf die gewünschten Ergebnisse zuzuschneiden.
Die Zugabe von Lecithin als zusätzlicher Emulgator verbesserte die Stabilität dieser Emulsionen weiter. Lecithin reduzierte die Aggregation und verringerte die durchschnittliche Tröpfchengrösse, insbesondere in Emulsionen, die mit Linsenmehl stabilisiert wurden. Diese Verbesserung war bei Emulsionen auf der Basis von Linsenproteinisolat weniger ausgeprägt, was wahrscheinlich auf den teilweise denaturierten Zustand von LPI zurückzuführen ist, der seine Löslichkeit und Wechselwirkung mit Lecithin beeinträchtigt.
Messungen der Oberflächen- und Grenzflächenspannung zeigten, dass Linsenproteine allein die Grenzflächenspannung verringern, wobei Linsenmehl schneller adsorbiert als Linsenproteinisolat. Die Zugabe von Lecithin verbesserte die Adsorptionsrate für beide Proteindispersionen, ohne die Kurvenform zu verändern, was auf ein ähnliches Adsorptionsverhalten wie ohne Lecithin hindeutet. Dies deutet auf die Bildung eines oberflächenaktiven Protein-Lecithin-Komplexes und gemischter Grenzflächen hin, was auf synergistische Wechselwirkungen zwischen Lecithin und Linsenproteinen schliessen lässt.
Viel Potenzial für die Lebensmittelindustrie
Die Ergebnisse dieser Studie unterstreichen das Potenzial von Linsenproteinen, insbesondere von Linsenmehl, als wirksame Stabilisatoren für Lebensmittel-Emulsionen. Linsenmehl stellt mit seinem hohen Ballaststoffgehalt und seinem niedrigeren Fettgehalt eine attraktive Option für die Entwicklung gesünderer Lebensmittel dar. Ausserdem entspricht die Verwendung von Linsenmehl anstelle von stärker verarbeiteten Proteinisolaten dem Bedarf der Industrie an kostengünstigen und nachhaltigen Zutaten. Linsenmehl muss weniger verarbeitet werden, behält mehr von der natürlichen Proteinstruktur bei und ist aus lokalen Quellen leicht erhältlich, was es zu einer nachhaltigeren und wirtschaftlicheren Wahl macht.
Interessanterweise wurde festgestellt, dass mit Linsenmehl hochwertige Emulsionen mit feinen Tröpfchen hergestellt werden können, was auf das Potenzial der Verwendung weniger verarbeiteter Formen von Linsenproteinen hinweist. Dieser Ansatz senkt nicht nur die Verarbeitungskosten, sondern unterstützt auch die ökologische Nachhaltigkeit.
Die synergistische Interaktion zwischen Linsenproteinen und Lecithin eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklung stabiler Emulsionen auf Pflanzenbasis. Diese Kombination macht sich die natürlichen Eigenschaften von Linsenproteinen und die stabilisierende Wirkung von Lecithin zunutze, um innovative Lebensmittelprodukte zu schaffen, die der wachsenden Nachfrage nach pflanzlichen, gesunden und nachhaltigen Zutaten gerecht werden.
Wichtige Erkenntnisse für Praxisanwendungen
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Zukunft von Lebensmittelemulsionen durch die Einarbeitung von Linsenproteinen vielversprechend aussieht. Dieser innovative Ansatz verbessert nicht nur die Emulsionsstabilität, sondern steht auchim Einklang mit der Umstellung der Industrie auf pflanzliche und nachhaltige Zutaten. Die Ergebnisse dieser Studie ebnen den Weg für spannende Entwicklungen bei der Formulierung von Lebensmitteln. Auch wenn diese Arbeit interessante grundlegende Erkenntnisse liefert, ist ein umfassenderes Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Proteinen und Emulgatoren erforderlich.
Martina Bernaschina, Doktorandin in Lebensmittelverfahrenstechnik und nachhaltiger Innovation, Berner Fachhochschule BFH und Universität Kopenhagen UCPH.