Die EU arbeitet bereits seit 2016 an einer Revision der Gesetzgebung zu Lebensmittel-Kontaktmaterialien. Über den aktuellen Stand informierte Rachida Semail von Keller and Heckman LLP in einer Live-Zuschaltung aus Brüssel. Ihr kurzes Fazit lautet: Die Revision ist nach wie vor im Stadium der Diskussion. Nichts ist entschieden und nichts ist sicher. Semail rechnet mit dem Start der Gesetzgebungsphase frühestens gegen Ende 2024. André Gierke von epr compact referierte über den Entwurf der Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR). Die PPWR soll das Konzept der Kreislaufwirtschaft als Umsetzung des sogenannten Green Deals realisieren. Ziel des Entwurfs sind weniger Verpackungsabfälle, eine funktionierende Kreislaufwirtschaft und ein Binnenmarkt ohne Grenzen auch für Verpackungen. Sein Fazit: Harmonisierung, Kennzeichnung, Vollziehbarkeit und Abfallvermeidung sind die positiven Aspekte. Negativ zu Buche schlagen ein immenser Aufwand für Verpackungshersteller und -verwender, teils unklare Definitionen, eine unklare Verfügbarkeit von Rezyklaten, teils extreme Mehrwegziele und eine generelle verpackungsfeindliche Verbotskultur. Einblicke in die Arbeit Beratung und Research gaben Markus Pley und Felix Grünewald von McKinsey & Company. Nachhaltigkeitstreiber sind grösstenteils die Konsumenten, obwohl sie nicht wirklich verstehen, was nachhaltig ist und was nicht. Der Detailhandel setzt vor allem auf Papierverpackungen. Das sei nicht immer nachhaltig, aber es genüge, wenn die Konsumenten dies glaubten. Für die neue EU-Verordnung sagten die Referenten voraus, dass die Verfügbarkeit von Rezyklaten eine grosse Challenge werden wird, da nicht genügend Material verfügbar sei. Eine Schweizer/deutsche Sicht auf das Verpackungsrecycling gab Jonathan Scheck von Interseroh aus Deutschland. Wichtig für eine hohe Recyclingquote sind die Aufklärung der Konsumenten und die notwendigen technischen Anlagen. Auch ein auf das Recycling ausgelegtes Verpackungsdesign verbessert die Verwertungsqualität.
Sind Verpackungen aus Papier die nachhaltigste Lösung, fragte Dr. Antje Harling von der Papiertechnischen Stiftung PTS aus Deutschland? Hierbei müssen jedoch die Anforderungen an die Packgüter beachtet werden. Längst nicht alle Verpackungen lassen sich aus Papier realisieren. Auch nicht alle Papierverpackungen sind wirklich nachhaltig. Dr. Peter Braun von Swiss Food Research verortete die Verpackung in einem zukunftsorientierten Ernährungssystem. Da Verpackung ein extrem segmentierter Bereich sei, sind gute Lösungen praktisch nur durch Kooperation und Zusammenbringen verschiedener Kompetenzen möglich, stellte er fest. Die verwendeten Materialien haben sich in vielen Jahren Verpackungsentwicklung immer weiter kompliziert und sollen sich jetzt im Rahmen der Zirkularitätsanforderungen wieder massiv vereinfachen. Im Grunde handelt es sich um einen technologischen Rückschritt.
Aktuelle Trends und Entwicklungen zur Zukunft der Verpackungsindustrie steuerte Thomas Hirnschall von Horváth & Partners Management Consulting GmbH mit einem Blick aus Österreich bei. Hirnschall erwartet, dass die Materialkompetenz in der künftigen Entwicklung von Verpackungen ein Schlüsselfaktor werden wird. Beim Trend zur Nachhaltigkeit sieht er die Zirkularitätsanforderung als ein Problem: Es gibt nicht genügend Rohstoffe beim Recyclingmaterial. Der Papier- und Kartonverbrauch ist insgesamt rückläufig, aber die Nachfrage nach recyceltem Fasermaterial steigt ständig. Visionen für die Zukunft des Verpackens und für Verpackungen präsentierte Henning Schmidt, Geschäftsführer honeypot Taste GmbH aus Deutschland. «Verpackungen sind eine enorme Kulturleistung und Verpackungen stehen enorm unter Druck», konstatierte er zu Beginn. Bei Verpackungen gibt es keinen Königsweg: Jedes Produkt muss separat betrachtet werden. «Von hygienebedingt gewünschter Überverpackung in der Corona-Krise glitten wir nahtlos in die derzeitige Ressourcenkrise. Aber Krisen sind immer auch Innovationsbooster», sagte Schmidt.
FachPack
Europäische Fachmesse für Verpackung, Technik, Veredelung und Logistik
Datum: 24.-26. September 2024
Ort: Nürnberg (D)