Der DSM lehnt die teilweise geforderte Zurückweisung der AP22+ an den Bundesrat ab. Dies, obschon der DSM die Argumente des Schweizerischen Bauernverbands nachvollziehen kann: Der Selbstversorgungsgrad in der Schweiz darf nicht aufgrund ökologischer Auflagen weiter sinken. Dies erstens, weil die Ersatzimporte die Umwelt stärker belasten als die Produktion in der Schweiz, was letztlich also kontraproduktiv wäre. Zweitens weil eine stabile Lebensmittelversorgung für die Schweiz in Krisenzeiten essenziell ist, wie dies die vergangenen Monate deutlich aufgezeigt haben. Dabei ist zu beachten, dass es zur Sicherstellung der Versorgung nicht nur die landwirtschaftliche Produktion, sondern auch eine gesunden 1. Verarbeitungsstufe braucht, welche die Agrarrohstoffe im eigenen Land weiterverarbeitet.
Die AP22+ ist eine Vorlage mit vielen guten Elementen. Sie wurde über mehrere Jahre sorgfältig vorbereitet und alle relevanten Stakeholder wurden eng einbezogen. Die Vorlage ist ein Schritt in die richtige Richtung; dies auch als Antwort auf die bevorstehenden Abstimmungen zu den extremen Pflanzenschutzmittel-Initiativen. Die enthaltenen Vorgaben bezüglich Ökologisierung der Landwirtschaft entsprechen einem klaren Bedürfnis der Schweizer Bevölkerung und müssen in der zukünftigen Agrarpolitik ohnehin berücksichtigt werden. Die bestehenden Mängel der AP22+ können in der parlamentarischen Beratung behoben werden. Das berechtigte Anliegen der Aufrechterhaltung der heutigen, landwirtschaftlichen Produktion kann durch ein klares Statement des Parlamentes zuhanden der umsetzenden Behörden hinreichend sichergestellt werden. Eine Rückweisung schiesst daher über das Ziel hinaus und würde die Revision um Jahre verzögern. Weitere Volksinitiativen dürften die Folge sein.
Kritisiert werden von Bauernseite nicht primär die vorgeschlagenen gesetzlichen Anpassungen, sondern die prognostizierten Auswirkungen, sprich die Reduktion des Selbstversorgungsgrads. Die entsprechenden Prognosen sind aber mit sehr vielen Unsicherheitsfaktoren behaftet: Erstens basieren sie auf dem nicht mehr zeitgemässen statistischen Modell SwissLand, welches insbesondere die Reaktionen der Bäuerinnen und Bauern auf die neue Agrarpolitik nicht miteinbezieht, sondern mit den heutigen, statischen Elementen weiterrechnet. Zweitens lässt sich die effektive Produktionsentwicklung aber selbst mit einem dynamischen Modell erst nach der noch ausstehenden Allokation der zur Verfügung stehenden Mittel auf Verordnungsstufe beziffern.
Den geäusserten Vorbehalten bäuerlicher Kreise kann in der parlamentarischen Beratung Rechnung getragen werden, indem ein klares Statement abgegeben wird, dass die heutige Produktion auch unter der neuen AP22+ aufrecht zu erhalten ist. Die Schweiz muss die Anliegen der weiteren Ökologisierung mit einer robusten Selbstversorgung in Einklang bringen, was uns durchaus als möglich erscheint. Allenfalls bedarf dies einer Nachjustierung bei der Allokation der zur Verfügung stehenden Mittel auf Verordnungsstufe respektive eine Aufstockung der Mittel für einzelne Instrumente. Zudem bedingt es, dass der Markt- und Margendruck, der gerade im Brotgetreidesektor im Vergleich zum umliegenden Ausland sehr hoch ist, mit einer vernünftigen Grenzbewirtschaftung reduziert wird.
Dachverband Schweizerischer Müller (DSM):
Der Dachverband Schweizerischer Müller (DSM) ist der Zusammenschluss der Schweizer Weichweizen-Mühlenunternehmen. Gemessen an der Gesamtvermahlung von Weichweizen in der Schweiz decken die dem DSM angeschlossenen Mühlen über 96 % Marktanteil ab und sind damit für das Grundnahrungsmittel Mehl versorgungsrelevant. Sie haben ein vitales Interesse an einer Landwirtschaft, welche wettbewerbsfähig ist, aber auch den berechtigten Ansprüchen hinsichtlich Nachhaltigkeit gerecht wird.
Zusätzliche Informationen:
Dr. Lorenz Hirt, Geschäftsführer DSM, hirt(at)thunstrasse82.ch, Tel. +41 32 351 38 82