222 Betriebe mit über 60 Millionen Liter verkaufter Milch verfolgen gemeinsam das Projektziel, die Treibhausgasemissionen und die Nahrungsmittel- und die Flächenkonkurrenz bis 2027 jeweils um 20 Prozent zu reduzieren. In enger Zusammenarbeit mit den landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentren BBZN, Liebegg und Informa wird auf den Milchwirtschaftsbetrieben evaluiert, welche Massnahmen praxistauglich umsetzbar sind und welche Hindernisse und Treiber in der Umsetzung auftreten. Das Projekt wird zusätzlich durch die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) wissenschaftlich begleitet.
Die Bandbreite der teilnehmenden landwirtschaftlichen Betriebe ist gross: Sie reicht von Bergbetrieben mit kleinen Herden, tiefer Milchleistung und durch die Lage eingeschränkten Futterbaumöglichkeiten bis zu Talbetrieben mit grossen Herden, hoher Milchleistung und vielfältigen Futterbaumöglichkeiten. Genau aus diesem Grund ist eine individuelle Begleitung der Betriebe entscheidend, um konkrete Erfolge zu erzielen.
Zwischenziele von Nahrungsmittel- und Flächenkonkurrenz übertroffen
Bereits nach drei Projektjahren konnte die Nahrungsmittelkonkurrenz um 21 Prozent reduziert werden. Das Zwischenziel von 10 Prozent wurde damit deutlich übertroffen. Das bedeutet, die beteiligten Betriebe konnten den Einsatz von Futterkomponenten, die auch für die menschliche Ernährung geeignet wären, deutlich verringern. Dies ist unter anderem auf die gute Zusammenarbeit mit der Futtermittelindustrie zurückzuführen, die rasch Mischfutter mit niedriger Nahrungsmittelkonkurrenz zur Verfügung gestellt hat und verstärkt Nebenströme aus der Lebensmittelverarbeitung einsetzen konnte, wie etwa Kleie, Rapskuchen oder Kartoffelschälabfälle.
Flächenkonkurrenz entsteht, wenn die eingesetzten Futtermittel von Flächen stammen, auf denen auch pflanzliche Nahrungsmittel angebaut werden könnten. Mit der Reduktion der Flächenkonkurrenz um 13 Prozent konnte das Zwischenziel von 10 Prozent ebenfalls übertroffen werden. Es wurden weniger Futtermittel von ackerfähigen Flächen eingesetzt und die Milchproduktion wurde effizienter, wodurch sie weniger Fläche beanspruchte.
Treibhausgasemissionen: Gute Ausgangswerte, dennoch weitere Fortschritte ersichtlich
Die Treibhausgasemissionen pro Kilogramm Milch fallen deutlich tiefer aus als erwartet und sind auch niedriger als im internationalen Vergleich. Eine weitere Reduktion ist aufgrund der guten Ausgangswerte deshalb ein ambitioniertes Ziel, das alle Projektpartner gemeinsam verfolgen. Die Treibhausgasemissionen pro Kilogramm Milch sanken in den ersten drei Projektjahren dennoch um knapp 6 Prozent. Das Zwischenziel von minus 10 Prozent konnte noch nicht erreicht werden, doch der Trend stimmt. Einige Kennzahlen zur Emissionsminderung haben sich positiv entwickelt, wie beispielsweise die gesteigerte Milchleistung und die geringere Kraftfutterintensität pro kg Milch. Eine zusätzliche Reduktion der Emissionen wäre durch Massnahmen wie Hofdüngervergärung, Gülleansäuerung oder den Einsatz methanvermindernder Futterzusätze möglich. Deren Umsetzung ist jedoch mit teils erheblichen Hürden verbunden: Gründe dafür sind beispielsweise teure Investitionen und lange Planungshorizonte bei der Hofdüngervergärung, Bedenken hinsichtlich negativer Auswirkungen auf den Boden beim Einsatz von angesäuerter Gülle und Zurückhaltung gegenüber dem Einsatz eines methanreduzierenden Futterzusatzes. Viele dieser Massnahmen sind eng mit einer verbesserten Effizienz verbunden und erfordern einen mittel- bis langfristigen Horizont für die Umsetzung.
Analyse der ökologischen, ökonomischen und sozialen Situation der Betriebe
Die Analyseergebnisse der ökologischen, ökonomischen und sozialen Situation von Klima Star Betrieben zu Beginn des Projekts liegen vor. Die Analyse wurde mit der an der HAFL entwickelten Methode RISE (Response-Inducing Sustainability Evaluation) durchgeführt. Dabei werden zehn Nachhaltigkeitsthemen anhand von 47 Indikatoren erfasst, ausgewertet und mit den Betriebsleiterinnen und -leitern besprochen. Die Methode erlaubt es, die Ausgangslage und Veränderung der Betriebe im Projektverlauf ganzheitlich abzubilden, beispielsweise auch die finanzielle und die Arbeitssituation.
Die Daten für das Jahr 2021 zeigen, dass die meisten analysierten Betriebe gesamthaft eine gute Ausgangslage aufweisen, insbesondere bei der Tierhaltung und der Wassernutzung. Die grösste Herausforderung bleibt naturgemäss die Reduktion der Methanemissionen, was die Relevanz des Projekts unterstreicht. Es zeigte sich ausserdem, dass die Wirtschaftlichkeit der Betriebe stark variiert. Die Analysen zu den Entwicklungen der Betriebe werden in den Folgejahren weitergeführt.
Ausblick auf die zweite Hälfte des Pionierprojekts
Die ersten drei Projektjahre haben wertvolle Erkenntnisse geliefert, die nun gezielt genutzt werden, um das Projekt weiter zu schärfen. Im Rahmen dieses Innovationsprojekts hat sich gezeigt, wo Massnahmen besonders wirksam sind. Nun soll an den richtigen Stellen justiert werden. In der zweiten Hälfte liegt der Fokus auf der Umsetzung wirkungsvoller Massnahmen zur weiteren Senkung der Treibhausgasemissionen. Des Weiteren werden Synergien und Zielkonflikte bei der gleichzeitigen Senkung der Treibhausgasemissionen, Nahrungsmittel- und Flächenkonkurrenz vertieft untersucht und Empfehlungen für eine breite Umsetzung auf Schweizer Betrieben ausgearbeitet.