Mit der Produktion und dem Vertrieb von Backhefe ist die Hefe Schweiz AG für die einheimische Versorgung mit dem Grundnahrungsmittel sehr bedeutend, in erster Linie für die gewerbliche und industrielle Verarbeitungsbranche.
«Wie viele Unternehmen der Lebensmittelbranche konnten wir den eindrücklichen Beweis der Leistungsfähigkeit der einheimischen KMU unter Beweis stellen, hält Thomas Gamper als langjähriger Geschäftsleiter fest und ergänzt als Ausblick: «Wir hoffen, dass allen Marktakteuren und der Gesellschaft insgesamt die Wichtigkeit einer sicheren einheimischen Lebensmittelversorgung bewusster geworden ist.»
Pandemieplan im Praxistest
Grundsätzlich war das Unternehmen auf die Ausnahmesituation vorbereitet, wie Thomas Gamper betont: «Wir verfügen bereits seit Mai 2008 über einen Pandemieplan, der mit Blick auf die Corona-Situation bereits im Februar 2020 überarbeitet wurde. Im Zentrum steht die Sicherstellung der Lieferbereitschaft für unsere wichtigsten Produkte.»
Koordiniert durch ein Pandemieteam regelt der Plan das Vorgehen zur Analyse der Funktionen sowie die Priorisierung von Produkten und Arbeitsabläufen- und Arbeitsmodellen. Wichtige Elemente bilden zudem die Klärung der Verfügbarkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie bei den Rohstoffen, Verpackungsmaterial und die Kapazitäten der Logistik.
Kommunikation gegen innen und aussen
«Zentral war vor allem zu Beginn die Kommunikation der behördlichen Auflagen und die Umsetzung der Massnahmen gegen innen und gegen aussen. Während die Massnahmen zur Handhygiene bereits im Rahmen der allgemeinen QM-Vorschriften gewohnt und umgesetzt war, stellte die Einhaltung der Abstandsvorschriften zu Beginn eine Herausforderung dar sowohl Betrieb wie auch im Privatleben», blickt Thomas Gamper zurück. Die regelmässige und transparente Kommunikation habe entscheidend dazu beigetragen, dass trotz grosser Belastungen keine betriebsinternen Querelen aufkamen.
Eine einschneidende Anpassung war im Austausch mit der Kundschaft notwendig. Anfang März fiel der Entscheid, dass unsere Regionalverkaufsleiter keine Kundenbesuche mehr unternehmen und die Kundenbetreuung aus dem Homeoffice geschehen muss.
Hefeproduktion «24/7»
Der Lockdown-Entscheid des Bundesrates am 16.03.2020 führte zu einem sprunghaften Anstieg der bereits zuvor hohen Nachfragen nach Hefewürfeln (42 g) für den Detailhandel. Zeitweise führte dies vor allem in grösseren Filialen zu eigentlichen Hamsterkäufen und in der Folge zu ausverkauften Vitrinen sowohl der konventionellen wie biozertifizierten Artikel.
Thomas Gamper fasst die unmittelbaren Auswirkungen zusammen: «Wir mussten innert Stunden auf die 7-Tage-Woche und Dreischichtbetrieb und die tägliche Auslieferung umstellen. Im Vergleich zur normalen Wochenproduktion verlangte die Nachfrage eine Vervierfachung. Dabei blieb die Produktion anlagetechnisch bedingt auf 500 kg pro Stunde beschränkt. Um die Belastung auf die Produktionsteams erträglich zu halten, wurden ergänzend alle verfügbaren Kräfte aufgeboten. «Regionalverkaufsleiter und Geschäftsleitungsmitglieder kamen als Hilfskräfte an der Verpackungsanlage, insbesondere in Nachtschichten zum Einsatz», betont Gamper.
Im Gegensatz zur Grossnachfrage im Privatgebrauch bewirkte die Corona-Situation einen Rückgang der Nachfrage von Backhefe im gewerblichen und industriellen Kanal. Die Bäckereien hatten zwar immer geöffnet, aber die Nachfrage in der stillgelegten Gastronomie sowie in weiteren Kanälen wie dem Tourismus und der Gemeinschaftsverpflegung brach um rund 30% ein.
Backstudio wieder geöffnet
Vor rund einem Jahr eröffnete die Hefe Schweiz AG das «Backstudio» in einem optisch und funktionell sehr gut gelungenen Neubau unmittelbar neben der Produktionsstätte. Nach ersten guten Erfahrungen mussten die Beratungs- und Kursangebote in der Lockdown-Phase vorübergehend eingestellt werden. Jetzt werden sie unter Einhaltung der notwendigen Schutzmassnahmen wieder aufgenommen. Dieses Jahr konnten trotz der Corona-Unterbrechung schon zwei Fachkurse mit je 12 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durchgeführt werden. Das Ziel der Schulungsangebote ist es, Fachwissen zu vermitteln und die Erfahrung aus den Backversuchen an die Fachkundschaft weiterzugeben. Marcel Ammon, als Leiter Produktentwicklung auch für das Backstudio verantwortlich, fasst die Ziele zusammen: «Mit dem Backstudio können wir den Kunden einen Mehrwert bieten. Die Kurse sind keine reinen Verkaufsveranstaltungen. Die Teilnehmenden sollen unser Fachwissen spüren, und wir wollen dadurch die Kundenbindung und das gegenseitige Vertrauen stärken.» Das Backstudio unterstützt die Kundenbetriebe auch als kompetente Partnerin bei der Beratung und der Entwicklung individueller Praxislösungen etwa bei der Rezeptentwicklung. Die Einrichtung entspricht dem Stand einer zeitgemässen gewerblichen Backstube. Die Praxis-Situation der Kundenbetriebe lässt sich daher gut nachvollziehen. Zudem organisiert das Backstudio auch interne Schulungen für den Aussendienst und externe Kooperationspartner. Marcel Ammon gibt eine Übersicht: «Dabei stehen die Praxis-Anwendungen unserer Produkte wie die Panatura-Fertigvorteige, Spezialitäten und unsere Bioprodukte im Zentrum.»
Bei fachtechnischen Kursen stehen Themen wie die Geschmacksbildung durch eine optimierte Fermentation, etwa mit dem aktuell sehr gefragten Wissen zu zeitgemässen Sauerteigverfahren, teilweise mittels «Verheiratung» von Backhefe mit Sauerteig, auf dem Programm. «Wir wollen in den Kursen auch die Trends einfliessen lassen. Dabei suchen wir den aktiven Austausch mit ERFAGruppen und Unternehmen, nach Wunsch in Verbindung mit Besichtigungen der Hefeproduktion», ergänzt Marcel Ammon.
QM und Praxisforschung
«Mit der Eröffnung des Backstudios haben wir den unternehmenseigenen QMBereich ausgebaut. Jede Woche führen wir Backversuche mit drei Hefen mit einem reichhaltigen Teig durch. Triebkraft und Triebhaltbarkeit und weitere Kriterien werden über vier Wochen getestet. Die Erkenntnisse aus den Tests fliessen in die Verbesserung unserer Backhefe ein, sowohl bezüglich der konventionellen wie den biozertifizierten Sortimente. Das Backstudio bietet neue Möglichkeiten für die Kooperation bei anwendungsorientierten Entwicklungsprojekten mit wissenschaftlicher Begleitung, vor allem mit der ZHAW Wädenswil.