Gerade in Krisenzeiten sind vielerorts fleissige Menschen Tag für Tag im Einsatz, um die bestmögliche Versorgung ihrer Mitmenschen zu gewährleisten. Sei es in der medizinischen Versorgung, im öffentlichen Verkehr oder im Lebensmittelbereich mit allen dazugehörigen Prozessen. Verpackungen unterschiedlicher Materialien unterstützen dabei massgeblich die Versorgung der Bevölkerung.
Die Situation ist neu und besorgniserregend. Aus Sorge vor einer unkontrollierten Ausbreitung der Krankheit und befürchteter Versorgungslücken, haben sich viele Menschen zu Hamsterkäufen hinreissen lassen und zeitweise die Supermarktregale leergeräumt. Konservendosen wurden dabei besonders nachgefragt, denn sie schenken Lebensmitteln eine nahezu unbegrenzte Haltbarkeit und bieten so vielen Menschen Sicherheit. Inzwischen hat sich gezeigt, dass die Lebensmittelversorgung sehr gut klappt. Trotzdem werden mehr Lebensmittel gekauft als üblich.
Die Regale werden laufend nachgefüllt, es fehlt an nichts – das ist nicht zuletzt durch Verpackungen möglich, die den schnellen und geschützten Transport der Lebensmittel gewährleisten und so eine logistische Mammutaufgabe bewältigen helfen. Sie schützen die wertvollen Lebensmittel und Produkte, teilen sie in unterschiedliche Portionen auf und ermöglichen entlang der Lieferkette ein einfaches Handling.
INTERVIEW: Verpackungen sind nicht alles – aber ohne Verpackungen ist alles nichts!
Lebensmittel-Industrie befragte, Stephan Bitterlin, Geschäftsführer des Schweizerischen Verpackungsinstituts (SVI) zu den Herausforderungen in Krisenzeiten – und darüber hinaus.
Lebensmittel-Industrie: Dosenverpackungen scheinen in Krisenzeiten ein Revival zu erleben – entspricht dies auch Ihren aktuellen Beobachtungen?
Stephan Bitterlin: Ja, absolut. Die Weissblechdose erlebt in der Corona-Krise ein Revival, die Menschen füllen ihre Vorräte bevorzugt mit Konservendosen auf. Das wird der Weissblechdose allerdings nicht ganz gerecht, denn in den letzten 50 Jahren wurde sehr viel unternommen, um Weissblechdosen als ebenbürtige Verpackungen in den Verkaufsregalen zu platzieren und zu vermarkten. Mit Erfolg, weil sie in Sachen Druckqualität, mit tollen Formen, in Marketing, Convenience, der Ökobilanz und dem Recycling anderen Verpackungen in nichts nachsteht. Nun wird sie wiederauf ihren Ursprung zurückgestuft, auf die Funktionen, für die Verpackungen ursprünglich auch gedacht sind: Logistik, Lagerung und Haltbarkeit des Produktes – und zwar so lange wie möglich. Wie wir wissen, kommen sehr viele «Erfindungen» von den Kriegen und dem Überlebensdrang des Menschen, so auch die Konservendose. Sie ist und bleibt wohl eine der besten Schutz- und Haltbarkeitshüllen überhaupt. Produkte sind nach mehr als 20 Jahren immer noch geniessbar.
Welche weiteren Verpackungsformen und -materialien bieten einen vergleichbaren Haltbarkeitsschutz, bzw. ist dafür ohnehin die Art und Weise der Verarbeitungs-/ Konservierungsmethodik relevant?
Nach den verschweissten und hermetisch abgeriegelten Weissblechdosen kommt sicher die Glasverpackung relativ nahe an deren Schutz und Haltbarkeit heran. Denken wir an die Einmachgläser von Konfitüren, Tomatensauce und anderes, was unsere Grosseltern noch selber produziert haben. Hier ist ein grosser Vorteil sicherlich, dass dies jeder Haushalt immer noch selber machen kann. Gläser und dichte Metalldeckel können Sie kaufen, in Weissblechdosen füllen Sie nicht selber ab. Die Bruchgefahr beim Fallenlassen des Glases ist hier der Nachteil. Aluminiumtuben oder auch flexible Verpackungen – Doypacks oder Pouch genannt – haben heute ausgeklügelte Schutz- und Funktionsbarrieren mit dichten Verschweissungen, die absolut hermetisch sind. Solche mehrschichtigen Verpackungen können dann aber nicht rezykliert werden und sind eben fossile Verpackungen, die nicht nachhaltig sind. Dieses Manko machen sie aber mit der grossen Ausschöpfung und Effizienz des Transportes wieder wett, vor allem zum Abfüller hin. Hohe Mengen werden auf flachen Spulen mit relativ geringem Gewicht transportiert, der Beutel wird erst an der Abpackungslinie geformt und Volumen gegeben. Gläser und Weissblechdosen werden bereits in der Endform und mit grossem Volumen (Luft) transportiert. Für dieselbe Menge brauchen sie etwa 6x mehr Transporte.
Nachhaltigkeit ist bei den Verpackungen die Leitlinie – wo sehen Sie hier einen möglichen Zielkonflikt?
Die Verpackung wird immer ein Kompromiss sein. Die Konflikte entstehen bereits bei der Konzipierung einer Verpackung, da heute verschiedene Player zusammensitzen müssen: Der Marketer, der das Produkt über die Verpackung gut absetzen und verkaufen will – bei ihm kann die Verpackung sophisticated und dadurch teuer werden. Der Produktionsleiter, der vor allem keine Probleme an der Abpackungslinie und keine Unterbrüche wegen einer komplizierten Verpackung haben will. Dann kommt noch der «Spielverderber» dazu, das ist der strategische Verpackungseinkäufer mit einem Budget und Einsparzielen dazu – er kürzt dem Marketing teure Features wie Goldfolienheissprägungen und haptisch strukturierten Mattlack gleich wieder. Zusätzlich werden immer mehr «Umweltminister» in den Firmen eingestellt, mit dem Ziel nachhaltige, rezyklierbare und kreislauffähige Materialien einzusetzen. Optimale Verpackungen sehen wir in der Natur: Eier, Bananen oder Kokosnüsse. Sie bieten in raffinierter Weise alle Funktionen, die eine Verpackung haben soll. Das alles muss dann der Verpackungsentwickler oder Packaging Manager unter einen Hut bringen. Da kann man sich nur wünschen, eine Verpackungstechnologie-Ausbildung beim SVI gemacht zu haben.
Hannover Messe
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Datum: 31. März-04. April 2025
Ort: Hannover (D)