Wie bei früheren Vorlagen, bei denen angeblich «sowieso alle dafür sind», wurde einem Revival der vermeintlich überwunden «Neinsager»-Schweiz eine Steilvorlage geboten. Gerade in den ländlichen Gebieten haben es die politischen Verantwortlichen verpasst klar aufzuzeigen, wie ein ökologisches Lenkungs-System funktioniert. Die Volkswirtschaften und Bevölkerungsschichten der Land- und Bergebiete wären teilweise auf der Nettoempfänger-Seite der Ausgleichszahlungen gestanden. Bezeichnenderweise machte diese Erkenntnis in der Woche nach der Volksabstimmung zumindest im Nationalrat eine Art Schnellreifung durch. Eine eindrücklich vielfältige parteiübergreifende Adhoc- Allianz winkte eine Fördervorlage durch, welche einen Teil der Fördergelder für erneuerbare Energien in der Land- und Forstwirtschaft dennoch sicherstellen.
So berechnend und situativ solche politischen Entscheidungsfindungen im Einzelfall erscheinen mögen, sie weisen dennoch den Weg in die Zukunft. Die klassische eidgenössische «Politik der kleinen Schritte» kommt immer dann zum Zug, wenn selbst bescheidene Reformvorhaben als angeblich «zu grosse Würfe» scheitern. Das Ziel der langwierigen eidgenössischen Konsensfindung besteht bekanntlich traditionellerweise darin, immer wieder neu «einen Zustand allgemeiner mittlerer Unzufriedenheit» zu erreichen. Im Gegensatz zu den viel gerühmten «Win-Win»-Lösungen geht es dabei eher darum, dass «die anderen auch nicht gewinnen». Dennoch hat diese extrem berechnende Form des Interessausgleichs in der Vergangenheit wiederholt für zwar langsame, aber dafür beständige Reformprozesse ermöglicht.
Angesichts der klimapolitischen Herausforderungen stösst dieser vorsichtige und etwas griesgrämige Ansatz jedoch definitiv an seine Grenzen. Realistischerweise steuern wir auch in der Schweiz vielmehr auf ein «Loose-Loose»-Resultat hin. Dies betrifft die Zukunftsfähigkeit der Schweizer Ernährungswirtschaft entlang der ganzen Wertschöpfungskette sehr direkt. Neuerdings hat «die Politik» entdeckt, dass wir statt «einer Agrarpolitik eine umfassende Ernährungspolitik brauchen». Es bleibt zu hoffen, dass diese Einsicht die politische Debatte tatsächlich den Blick über die Ackerscholle und das Stalltor hinaus öffnen.
Neu ist die Erkenntnis der Notwendigkeit einer ganzheitlichen Sichtweise auf das Schweizer Ernährungssystem selbstverständlich keineswegs, sondern eine jahrzehntealte Notwendigkeit. Erfreulicherweise warten die Praxisverantwortlichen InnovatorInnen der Agrar- und Lebensmittelbranche nicht auf die Politik. In dieser Ausgabe finden Sie erneut eine Vielfalt an aktuellen Vernetzungs- und Koordinationsangeboten, welche gezielt zukunftsfähige Erneuerung ermöglichen und vorantreiben. Von den politischen Verantwortlichen bleibt zu fordern, dass diese Entwicklungen wahrgenommen und mit zeitgemässen Rahmenbedingungen erleichtern werden. «Allgemeine mittlere Unzufriedenheit» reicht dabei als Zielsetzung definitiv nicht, «Best Practice» ist für die Schweizer Qualitätsstrategie Pflicht inkl. alle Nachhaltigkeitsaspekte.
IFFA
Internationale Leitmesse – Technology for Meat and Alternative Proteins
Datum: 03.-08. Mai 2025
Ort: Frankfurt am Main (D)