Für die Mehrheit der Schweizer Handelsunternehmen war 2021 ein erfolgreiches Jahr. Das sei während der Pandemie alles andere als selbstverständlich, wie der Dachverband Handel Schweiz betont. Denn der Handel sei nach wie vor weit entfernt von einem Courant normal. Direktor Kaspar Engeli nennt die Herausforderungen für das Jahr 2022: «Das ungeklärte Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU und die damit einhergehenden Rechtsunsicherheiten, die fehlende Stabilität der Lieferketten und die mangelnde Verfügbarkeit von Waren machen den Händlern zu schaffen. Das gilt für den Grosshandel wie für den Detailhandel und die Online-Händler. Zudem fehlen Fachkräfte – nicht nur in der IT, sondern auch in allen handwerklichen Berufen und in zahlreichen anderen Bereichen. Besonders gesucht sind zum Beispiel Mechatroniker.»
Sinkende Zuverlässigkeit der Lieferketten und steigende Einkaufspreise
Die selbstverständliche Lieferung der Waren sei nicht mehr gegeben, erklärt Kaspar Engeli. Das verdeutliche noch einmal den Stellenwert die Lagerhaltung im Handel, die seit jeher zu den zentralen Funktionen der Branche gehöre. Gleichzeitig werde die Logistik immer anspruchsvoller, um allfällige Lieferengpässe bei den Produzenten aufzufangen. Die Händler müssten sich noch besser vernetzen und neue, intelligente Schnittstellen schaffen. Zurückgefahrene Produktionen und zu späte Reaktionen in den Fabriken der Lieferanten, geschlossene Häfen sowie teurere Container erhöhen zudem die Einkaufspreise für den Handel. Kaspar Engeli meint: «In diesen volatilen Zeiten bietet der Handel Konstanz. Für die Konsumenten besteht nach wie vor eine sehr grosse Auswahl an Waren.» Für das Jahr 2022 geht Handel Schweiz von einer günstigen Entwicklung im Handel aus. Doch sei mit Höhen und Tiefen zu rechnen. «Die volatilen Entwicklungen an der Börse und politische Unsicherheiten könnten sich mittelfristig auf den Handel auswirken,» gibt der Direktor von Handel Schweiz zu bedenken.
Geschäftslage nur bei 8% der Grosshändler schlecht
Die positiven Signale bestätigen die brandneuen Ergebnisse der KOF-Konjunkturumfrage zum Schweizer Grosshandel. 92% der im Januar 2022 befragten Grosshändler berichten von einer günstigen bis befriedigenden Geschäftslage. Lediglich 8% bezeichnen diese als schlecht. Bei der Hälfte der Firmen hat in den letzten drei Monaten die Nachfrage zugenommen. Doch bei 75% der Firmen werden die Lieferfristen noch länger; kürzere Lieferfristen melden nur 4% der Befragten. Die Menge der Waren, die im Lager verfügbar seien, konnte trotzdem weiter erhöht werden. Das beweist die hohe Flexibilität und logistische Kompetenz des Schweizer Handels. Die Zahl der Mitarbeitenden ist im Vergleich zu den Vormonaten weiterhin gestiegen. Nach wie vor gibt es zahlreiche offene Stellen. Bis April erwarten 77% der Grosshändler höhere Einkaufspreise und 64% einen Anstieg der Verkaufspreise. Mit Blick auf das nächste halbe Jahr wird mit einer günstigen Geschäftslage gerechnet.
Handel Schweiz führt die Umfrage zum Grosshandel in Zusammenarbeit mit der KOF Konjunkturforschungsstelle durch. Es liegen die Antworten leitender Persönlichkeiten von rund 500 teilnehmenden Unternehmen zugrunde. Sie werden in einem standardisierten Fragebogen zu den Tendenzen ihres Betriebsgeschehens befragt.
Handel Schweiz ist der Dachverband des Handels, dem 33 Branchenverbände mit insgesamt 4’000 Unternehmen angehören. Handel Schweiz vertritt eine liberale Politik und setzt sich für eine starke Schweiz ein. Der Handel ist mit 680'000 Mitarbeitenden der wichtigste private Arbeitgeber der Schweiz. Im Handel werden über 38’000 Lehrstellen angeboten, mehr bildet keine Branche aus.