Dagmar Jenni, Direktorin der Swiss Retail Federation

Transparenzpaket im Lebensmittelhandel: Überregulierung statt Klarheit

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Muss in Zukunft jedes einzelne Produkt im Supermarkt als potenziell gefährlich und jede Zutat bis ins kleinste Detail eklariert werden?

Muss in Zukunft jedem Produkt aufgrund der Vielzahl an Deklarationen und Labels ein Beipackzettel mitgegeben werden, verfasst in einer Schriftgrösse, die fast Augenkrebs verursacht? Dieser Eindruck entsteht, überspitzt gesagt, wenn man das jüngste «Transparenzpaket» im Lebensmittelbereich, dessen Vernehmlassung am 12. Juli 2024 abgeschlossen wurde, durchliest. Es beinhaltet umfangreiche zusätzliche Deklarationen, die für den Detailhandel mit erheblichem Mehraufwand verbunden sind und somit personelle und finanzielle Ressourcen binden, jedoch kaum einen wirklichen Mehrwert in Bezug auf die Transparenz für die Kunden bieten. Die Swiss Retail Federation hat sich deshalb in ihrer Stellungnahme für einen regulatorischen Marschhalt und den Verzicht auf zusätzliche undurchdachte, nicht zielführende und unverhältnismässige Deklarationen ausgesprochen.

Das Transparenzpaket umfasst sieben Vorlagen, die unter anderem die Kennzeichnung von Lebensmitteln betreffen, die aus Ländern stammen, in denen bestimmte Pestizide erlaubt sind, welche in der Schweiz verboten sind. Mit dieser Verordnung müssten selbst Bio-Bananen, deren Produktion durch ein Bio-Label als garantiert pestizidfrei ausgelobt wurden, zusätzlich deklariert werden. Das ist nicht nur mit einem enormen Mehraufwand für die Detailhändler verbunden, sondern führt auch die Kundinnen und Kunden in die Irre und schädigt dem Ruf der verkauften Produkte, ohne dabei einen Mehrwert für die Nachhaltigkeit zu schaffen. Was bitte soll das?

Ein weiteres Beispiel für die überbordenden Vorschriften ist die Verschärfung der Deklarationspflicht für die Herkunftsangaben von Zutaten. Künftig soll die Herkunft aller Hauptzutaten, die mehr als 50 Prozent des Endproduktes ausmachen, deklariert werden. Gerade diese Zutaten sind aber oft bereits zusammengemischt, und deren Bestandteile stammen aus verschiedenen Ländern. So müsste beispielsweise ein in der Schweiz hergestelltes Biskuit aufgrund von Ernteschwankungen, Lieferengpässen und Lagerbeständen des Mehls mit einer generischen Herkunftsangabe wie «Europa» deklariert werden, obwohl dem Schweizer Mehl nur zwischen 0 und 20 Prozent ausländisches Getreide beigemischt wurde. Solche pauschalen Angaben schaffen keine Transparenz, widersprechen den Bestrebungen zum Abbau nicht tarifärer Handelshemmnisse und gefährden die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Detailhandels.

Sehr kritisch sieht die Swiss Retail Federation auch die Übernahme der neuen EU-Weinverordnung, die zusätzliche Deklarationsvorschriften für Weine ohne Mehrwert für die Konsumenten fordert. Diese Regelungen sind zudem für den Schweizer Markt wenig relevant, da nur ein sehr geringer Anteil der Schweizer Weine exportiert wird. Eine Übernahme der EU-Verordnung wäre ein unnötiger Verwaltungsakt, der mehr Schaden als Nutzen bringen würde.

Diese Beispiele zeigen, dass die Politik und die Behörden dringend aufgefordert sind, endlich mit mehr Augenmass zu agieren. Es gilt, das Schadens- und Nutzenpotenzial besser gegeneinander abzuwägen. Eine Regulierung, die primär auf Bürokratie aufbaut und kaum einen Nutzen bringt, schadet dem Markt und führt nicht zu mehr Transparenz, sondern zu Verwirrung und höheren Kosten. Kurzum: Die Devise muss sein, lieber mal eine Regulierung zu wenig als zu viel!

Dagmar Jenni, Direktorin der Swiss Retail Federation

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Bezugsquellenverzeichnis