Die Biobäuerinnen und Biobauern haben die Landwirtschaft und die Lebensmittelindustrie der letzten 50 Jahre viel stärker geprägt als sie denken. Die Umweltprobleme der intensiven Landwirtschaft mit Düngern, Pflanzenschutz und hohen Tierbeständen in den 1970er-Jahren – Bio zeigte, wie es auch anders gehen könnte. Mit der Integrierten Produktion näherten sich die konventionellen Landwirte dem Vorbild an. Dann kamen die gefährdete Vielfalt an Landschaftselementen und an Arten und der Treibhausgas-Effekt aufs politische Tapet. Wieder hatte der Biolandbau mit seiner Vorzüglichkeit die Nase vorn. Tierwohl, Reduzierung von Pestiziden, Einhaltung von Düngervorschriften, die Nachfrage nach schonend verarbeiteten, möglichst unverfälschten Qualitätsprodukten, Lebensmittelverschwendung oder die hohe Transparenz vom Anbau bis zum Konsum – immer scheint Bio die richtige Antwort schon lange gegeben zu haben. Die Biobäuerinnen und deren Organisationen würde man heute als äusserst erfolgreiche Influencer bezeichnen, lange schon bevor es «neue Medien» gab. In westlichen Gesellschaften geht es längst nicht mehr nur darum, dass man sich satt ist. Essen ist plötzlich sinnstiftend geworden, und deshalb werden auch die Auseinandersetzungen härter. Kompromisslose Tierschützer betrachten Tiere als ihre Schwestern oder Brüder.
Das Schlachten wird deshalb zum Mord. Neue Kontroversen entstehen täglich.
«Nur der Biolandbau kann die Welt ernähren», sagen die einen, «ohne Gentechnik können die 10 Milliarden Menschen, die in 30 Jahren den Planeten besiedeln, nicht ernährt werden», die anderen. Beide liegen komplett falsch, warum sich also deswegen in die Haare geraten? Die globale Erwärmung wird einen dramatischen Einfluss auf die Ernährungssicherheit haben. Zwei oder gar drei Grad wärmer führen dazu, dass noch intensiver produziert werden muss. Doch damit verstärkt sich der Glashauseffekt weiter. Ein Teufelskreis! Nur schon um die Ernährung sicherzustellen, muss die weitere Erwärmung gestoppt werden. Versteht man diesen Zusammenhang, ist die Frage «Bio oder Konventionell» plötzlich irrelevant. Es müssen vollständig neue Lösungen gefunden werden.
Das Fraunhofer-Institut in Karlsruhe hat im November 2019 die Ergebnisse des EU-Projekts FOX publiziert und die 50 wichtigsten Trends für Landwirtschaft und Ernährung dargestellt. Dabei nimmt der Übergang von der Wegwerfmentalität in eine echte Kreislauf-Ökonomie eine zentrale Rolle ein. Das wird der Quartierladen mit dem Brot von gestern sein. Aber es werden auch digitale Apps sein, die unser Kauf- und Essverhalten vernünftig managen. Die Blockchain-Technologie wird die Lieferketten transparent machen und Lebensmittel effizienter verteilen. Damit lässt sich jedes Lebensmittel, das verdirbt oder verschwendet wird, als wertvoller Rohstoff neu nutzen. Es widerspricht jeder Vernunft, 1,3 Milliarden Tonnen landwirtschaftliche Produkte nie zu essen. Als Beispiel können auf Abfällen gezüchtete Insekten eine neue Proteinquelle für Menschen und Nutztiere bieten. Es werden ganz neue Lebensmittelproduktionssysteme entstehen, wie Farm-Towers in Städten oder gigantische Tanks, welche Rohstoffe für die Verarbeitungsindustrie mit Mikroben und Zellkulturen herstellen.
Der Boden wird im Jahr 2050 nicht mehr ausreichen, um 1,8 Milliarden Menschen mehr und mit einem höheren Lebensstandard zu ernähren. Es gibt aber auch radikal andere Lösungen. Diese verstecken sich in einer suffizienten Gesellschaft. Diese muss lernen, Konsum und Verschwendung zu beschränken. Im Falle der Ernährung wäre dies die vernünftigste. Aber schaffen wir das? Alle Experten zweifeln.
Der schwedische Philosoph Johann Norberg schrieb einmal, dass die wichtigste Ressource der Zukunft das menschliche Gehirn sei, die wohl einzige – zum Glück – unerschöpfliche Ressource. Dazu gehört das jahrhundertealte Wissen, das die Landwirte tradierten. Gleichzeitig auch das explodierende Wissen aus der Forschung.
Seien wir deshalb traditionell und top-modern gleichzeitig, wenn es ums Bauern und Essen geht!
Empack Schweiz
The Future of Packaging Technology
Datum: 22.-23. Januar 2025
Ort: Zürich (CH)