Aus Sicht der Lebensmittel-Industrie und vieler weiterer Branchen, die sich mit der Herstellung und der Vermarktung von Verbrauchsgütern beschäftigen, offenbart sich damit ein Glücksfall. Der bisher anonyme Verbraucher wird erkennbar und adressierbar. Ganz neue Geschäftsmodelle werden plötzlich denkbar! Dabei sollte doch die Bedeutung der Verbraucherbedürfnisse längst bekannt sein, gerade für Markenartikel Unternehmen ein ganz alter Hut, oder? War nicht das Marketing immer der unternehmensinterne «Advokat» des Konsumenten, der zunächst ein Problem, d. h. einen Konsumanlass identifizierte und anschliessend die massgeschneiderte Lösung des Verbraucherproblems schuf? Oder war es doch schon immer etwas anders, dass nämlich zunächst das Produkt da war und basierend auf den Produktionsmöglichkeiten ein entsprechender Anwendungsfall gesucht und notfalls kreiert wurde?

Tatsächlich ist eine ernsthafte und konsequente Ausrichtung auf die Verbraucherbedürfnisse ein Paradigmenwechsel. Eine strategische Kehrtwende, die nicht auf dem Papier allein zu vollziehen ist, sondern sehr viel tiefer verankert werden muss. Die Neuausrichtung der Strategie kann letztlich zu einem veränderten Geschäftsmodell führen. Damit ändern sich auch die Anforderungen an die Infrastruktur, die Technik, den Umgang mit Daten, die Supply Chain, die Organisationsstruktur, und auch die Unternehmenssteuerung funktioniert im digitalen Umfeld komplett anders. Vor allem aber stellt sie andere Anforderungen an das Verhalten und die Kompetenzen der Menschen. Und das ist wohl die grösste Herausforderung: die Erkenntnis des tatsächlichen Ausmasses der Veränderung und die entsprechende Befähigung der Mitarbeiter.

Die Spitze des Eisberges hat mittlerweile jeder erkannt. Das Verhalten der Verbraucher hat sich aufgrund technischer Neuerungen verändert, damit funktioniert der Informationsbeschaffungsprozess anders und die Kontaktmöglichkeiten haben sich revolutioniert und werden sich weiter verändern. Infolgedessen wandelt sich die Kommunikation. Doch durch die Kenntnis der Vokabeln «Customer Journey», «Digital Touchpoints» «Social Media» und «Digital Marketing» ist das tatsächliche Ausmass noch lange nicht vermessen. Die Kraft und das Ausmass der bisherigen Veränderung zu erkennen, fällt relativ leicht, man denke an Kodak, das als Pionier der Digitalfotografie die Chancen der Technologie negierte und letztlich unterging weil es am bestehenden Geschäftsmodell festhielt.