Emulsionen, die durch pflanzliche Proteine und deren Mischungen stabilisiert werden, haben das Potenzial, die Art und Weise, wie wir Emulsionen herstellen und nutzen, grundlegend zu verändern. Diese innovativen pflanzlichen Proteine bieten nicht nur eine nachhaltige Alternative zu tierischen Proteinen, sondern eröffnen eine Welt neuer funktionaler Möglichkeiten in der Lebensmittelindustrie.
Grosse Bedeutung für Lebensmittelinnovationen
Emulgierte Lebensmittel sind in der Lebensmittelindustrie weit verbreitet und umfassen seit Jahren unterschiedliche Produktgruppen wie Getränke, Milch, Saucen, Suppen, Mayonnaise oder Salatdressings. Ihre Herstellung ist jedoch oft ein komplexes Zusammenspiel von Formulierung und Verarbeitung, damit die gewünschten Produkteigenschaften erzielt werden. Da es sich bei Emulsionen generell um disperse Mischungen zweier unlöslicher Phasen handelt, sind sie aus thermodynamischer Sicht nicht stabil und neigen zur Koaleszenz. Dies ist auf die hohe Grenzflächenspannung zwischen der dispersen (oft fettig) und der kontinuierlichen Phase (oft wässrig) zurückzuführen. Um die Grenzflächenspannung zu senken und die Emulsionsstabilität zu erhöhen, können Emulgatoren eingesetzt werden, wie beispielsweise Proteine. Bisher lag der Schwerpunkt der Forschung bezüglich der Emulgier- und Grenzflächeneigenschaften von Proteinen auf Milch- oder Eiproteinen. Aufgrund von Umwelt-, Nachhaltigkeitsund Ernährungstrends, wie Veganismus oder Vegetarismus, ist die Lebensmittelindustrie gefordert, Alternativen anzubieten.
Im Fokus: Leguminosen und Kartoffelproteine
Vor diesem Hintergrund widmet sich die jüngste Lebensmittelforschung zunehmend der Nutzung von Pflanzenproteinen als Emulgatoren. Heutzutage ist eine enorme Vielfalt an pflanzlichen Proteinen auf dem Markt erhältlich, wie beispielsweise solche aus Leguminosen (z. B. Soja, Erbse), Ölsaaten (z. B. Raps, Sonnenblume), Getreiden (z. B. Reis) oder Knollen (z. B. Kartoffel). Eine grosse Herausforderung in diesem Bereich ist das Fehlen von Informationen bezüglich der Grenzflächeneigenschaften, wie das Adsorptionsverhalten dieser Proteinalternativen. Diese Informationen sind erforderlich, um das am besten geeignete Protein oder die am besten geeignete Proteinkombination für jede Anwendung auszuwählen.
In diesem Zusammenhang bestand das Ziel der Bachelorarbeit von Evelyne Kappeler, Studentin derBerner Fachhochschule HAFL, am Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) darin, die Grenzflächeneigenschaften von Leguminosen- in Kombination mit Kartoffelproteinen genauer zu untersuchen. So sollten geeignete Proteine oder Proteinkombinationen ausgewählt werden, die eine gute physikalische Stabilisierung von Emulsionen ermöglichen. Zu diesem Zweck wurden binäre Proteinmischungen in unterschiedlichen Mischverhältnissen zu einer Öl-in-Wasser-Emulsion verarbeitet. Die an der Öl-Wasser-Grenzfläche adsorbierenden sowie nicht adsorbierenden Proteinfraktionen wurden anschliessend mittels SDS-Page charakterisiert, und die Tropfengrössenverteilung wurde gemessen.
Erkenntnis: Auf die Grösse kommt es an
Die Ergebnisse zeigen, dass es sinnvoll ist, Kombinationen aus Leguminosen- und Kartoffelproteinen einzusetzen, um Emulsionen mit einer geringeren Proteindichte zu stabilisieren und dadurch eine erhöhte Stabilisierungseffizienz zu erreichen. Durch die Kombination der Proteine in bestimmten Mischungsverhältnissen konnte eine deutliche Verbesserung der Emulsionseigenschaften, beispielsweise die Verkleinerung der Tropfengrösse oder die effizientere Tropfenstabilisierung, im Vergleich zum Einsatz der einzelnen Proteine beobachtet werden.
Diese Erkenntnis ist für die Lebensmittelindustrie grundsätzlich von Bedeutung, da man damit das am besten geeignete Protein und deren Kombination für jede Anwendung auswählen bzw. bei der Verwendung von Mischungen die Auswirkung der Mischungen abschätzen kann. So können neue Lebensmittel ohne lange Zutatenlisten (Clean Label) entwickelt werden. Mittels der angewandten Analytik wurde zudem erkannt, dass sich die Tropfengrössenverteilung der Proteinmischungen je nach Zusammensetzung des Proteins unterscheidet.
Praxisforschung für konkrete Anwendungen
Der nicht lineare Tropfengrössenanstieg innerhalb der Mischverhältnisse zeigt auf, dass keine generischen Schlussfolgerungen gezogen werden können, um die ideale Kombination aus Proteinkonzentration und Mischverhältnis der kombinierten Proteine zu finden. So sind weiterführende Untersuchungen notwendig, um den idealen Punkt bezüglich Proteinkonzentration und Mischverhältnis zu finden. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass mit Proteinen stabilisierte Emulsionen eine funktionelle Alternative zu Emulsionen aus tierischen Proteinen sind. Da bei allen Proteinmischungen ähnliche Beziehungen zwischen der Konzentration und dem Adsorptionsverhalten der Proteine beobachtet werden, könnten die Erkenntnisse der Bachelorarbeit zukünftig neben Emulsionen auch zur Optimierung anderer Lebensmittelsysteme genutzt werden.
Evelyne Kappeler Junior Product Development Manager, yfood GmbH, München