Produkte mit einer AOP («appellation d’origine protégée») oder IGP («indication géographique protégée») sind traditionelle Spezialitäten, die eine starke Verbindung zu ihrer Ursprungsregion haben. Sie werden seit Generationen mit viel Herzblut von Käsern, Bäckern, Metzgern, Destillateuren und weiteren Handwerkern hergestellt. Bei Produkten mit einer AOP kommt vom Rohstoff zur Verarbeitung bis zum Endprodukt alles aus einer klar definierten Ursprungsregion. Spezialitäten mit einer IGP werden im Herkunftsort entweder erzeugt, verarbeitet oder veredelt.
Wichtig ist dabei, zu wissen: «AOP-IGP» ist kein Label im klassischen Sinn, sondern das Regelwerk bietet den einheitlichen Rahmen für eine Vielzahl an Qualitätszeichen. Je nach Ausgangslage und Produktkategorie gilt es dabei, sehr spezifische Anforderungsprofile zu erfüllen. Grundsätzlich ermöglicht der Schutz die Vermeidung von Nachahmung und Täuschung. Hinzu kommt die Sicherung des Fortbestands des kulinarisch-kulturellen Erbes. Von Bedeutung ist zudem die Erweiterung der Schutzwirkung, da diese nicht an der Landesgrenze aufhört. Für die Lebensmittelbranche und Konsumentinnen und Konsumenten ist es gleichermassen wichtig und entscheidend, dass der Schutz auch in Europa und weltweit wirkt.
Die Registrierung einzelner Produktappellationen kann gelegentlich zu juristischen Konflikten führen. Mit der Migration von Fachleuten verlassen manchmal auch das handwerkliche Know-how und damit die Produktbezeichnungen die Ursprungsgebiete. Kompromiss-Lösungen können aber meistens gefunden werden, wie im Fall des Gruyère AOP aus der Schweiz und des Gruyère IGP aus Frankreich. Dieser Fall bekräftigt, dass das Erzeugnis vollumfänglich aus dem Ursprungsgebiet stammen muss, um als AOP anerkannt zu werden, während für die Anerkennung als IGP das Erzeugnis in einem begrenzten geografische Gebiet, das ihm den Namen verleiht, lediglich erzeugt oder verarbeitet oder veredelt wurde. Die Herkunft, die Verbindung zum Terroir, wird bei der AOP noch stärker betont als bei der IGP. Das Produktionsgebiet des Gruyère IGP aus Frankreich grenzt unmittelbar an das Schweizer Produktionsgebiet, in dem der Gruyère AOP hergestellt werden darf.
Die Schweiz arbeitet bei der Vergabe der AOPIGP-Anerkennung eng mit der Europäischen Union (EU) zusammen. Das schweizerische AOPIGP-System war von Beginn an europakompatibel ausgelegt worden. Nebst bilateralen und multilateralen Abkommen zwischen einzelnen Staaten stellt auf internationaler Ebene das Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS-Abkommen) das wichtigste Regelwerk zum Schutz von geografischen Bezeichnungen dar.
In Anbetracht der unterschiedlichen Vorstellungen und Wahrnehmungen eines Begriffs – zu denken ist beispielweise an die Auseinandersetzungen um den Gruyère in den USA – ist eine wirkungsvolle Zusammenarbeit innerhalb und mit der EU unabdingbar. Dabei können die Sortenorganisationen und Zertifizierungsstellen auf die Unterstützung der Organisation für ein internationales Netzwerk für geografische Angaben «oriGIn» zählen, die auf internationaler Ebene das Interesse aller AOP-Sortenorganisationen aus der ganzen Welt vertritt.
In dieser Rubrik äussern Vertreter aus der Lebensmittelindustrie ihre Meinung zu aktuellen Themen.